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Es werden Posts vom 2023 angezeigt.

Komm ran/Reh Granate

"Hier ist der Zug lang gefahren, direkt vor den Fenstern. Da haben Familien gewohnt und da sind sie zur Arbeit gegangen." - S. zeigt mit der Hand und dem dazugehörigen Arm ins Dunkel und ich bin wie immer glücklich, wenn mir einer was erzählt und ich nicht selber reden muss. Schweigen und zuhören - so mag ich es. Wir laufen durch die Nacht, weil es hier um die Ecke gute Pommes gibt und die Trinkerei noch nicht vorbei sein soll. "Das letzte Mal bis Weihnachten 2028" - so lautet meine Prognose, jedes Mal, wenn der Schnaps ins Glas fällt. Als es noch hell war und Regen fiel, stapelten wir Holz in jede freie Ecke des Raumes, damit es im Laufe der nächsten Monate verbrannt werden kann. Wärme als essentielles Bedürfnis. Und das Feuer, so sagte S., möchte niemand ausgehen sehen, eher noch, soll es immer größer werden, so wie die Scheiterhaufen in den Mittelaltern. Der Kamin und das Lagerfeuer als Orte der Moral. Ich sehe in die Flammen und schon vor langer Zeit erkannte

Neffenzusammenbruch/Himmelsschmutz

In der linken Hand hielt ich ein Mikrofon, mit der anderen Hand griff ich in das Gesicht einer Person, als wäre es ein Basketball. Ich war nie ein guter Basketballspieler, um genauer zu sein, waren meine Leistungen im Basketballkurs so schlecht, dass ich deswegen fast von der Schule geflogen wäre. Dann standen ich an der Straßenecke und wartete auf ein Taxi, das meine Begleitung und mich zu einer Feier bringen sollte. In mir entstand kurz davor das Verlangen mit dem Taxi durch die Stadt zu fahren, den Luxus zu erfahren, sich nur kurz auf einer Veranstaltung sehen zu lassen und dann wieder zu verschwinden. Unsere Outfits entsprachen zwar nicht denen, die schon von Weitem deutlich machen würden, dass wir uns ständig mit Taxis auf Parties fahren ließen, aber diese äußerlichen Orientierungsmarker sind doch längst überholt.  Als das Taxi dann kam, stiegen wir ein - doch bevor es losfahren konnte, wurde es durch ein anderes ausgebremst. Die Fahrerin stieg aus und wies daraufhin, dass ich ihr

Zinnsumpf/Plan-Tage

Ich sitze auf einer Bühne und Sorge für Musik zwischen Programmpunkten. Während diese laufen, es sind  literarische Beiträge in verschiedenen Sprachen, sitze ich so regungslos wie möglich da, um nicht abzulenken. Einzig meine Augen sind in Bewegung und schweifen durch den Saal. In der zweiten Reihe bemerke ich einen sehr alten Mann, der mich mit schräg gekippten Kopf ansieht. Seine Augen sind zusammengekniffen, als würde er nachdenken, überlegen, woher mich kennt. Oder hat er mich nur als Fixpunkt ausgewählt, um sich ganz auf den gerade vorgetragenen Text zu konzentrieren. Vielleicht hat er ja nur noch ein funktionierendes Ohr, welches er schräg auf den Vortragenden richten muss. Er schaut mich auch weiter an, als ich seinen Blick erwidere, ihm standhalte. Ein Blickduell. Und da taucht ein Gedanke auf, ein Gedanke basierend auf Vergangenheit: Ich sinniere darüber, dass meine erste Vermutung vielleicht die richtige sein könnte und der Mann, darüber nachgedacht hat, woher er mich kennt u

An Rohren/Ver-Gore-N

Aus der Haustür heraus und nebeneinander auf der Straße entlang - und, kann es am plötzlichen Einbruch des Tageslichts und dem frischen Sauerstoff liegen? - spüre ich eine Fremde. Als ob ich mein Gegenüber gar nicht kenne und auch nicht weiß, was auf der Straße gehen bedeutet. Ich stolpere nicht, habe das Laufen nicht verlernt, betrachte aber meine Füße und den Körper neben mir und frage mich, wer das ist und wieso. Unheimliche Realitätsverschiebung. Es ist nicht so, dass die Farben oder Formen sich plötzlich verändern. Vielmehr ist es das Verhältnis zwischen mir und der Umwelt, das von einen Moment auf den anderen unklar scheint. Alles kann jetzt neu betrachtet werden. Und natürlich fühlt sich alles erstmal falsch an - wie auch sonst...nach einer Runde allein um den Block ist es dann wieder halbwegs normal - aber auch jetzt während ich das niederschreibe, hallt das Gefühl der Entfremdung noch in mir nach.  Als Kind ging es mir ähnlich - ich sah plötzlich den Sinn nicht mehr in den Han

Mit Karmapunkten in Vorleistung gehen/Teppich dreckich

Unter mir donnert eine S-Bahn. Sie klingt dabei wie ein heulender Dinosaurier. Ich liege im Dunkeln auf dem Bett und kaue auf einem Dinkel-Brot mit Käse. Im Dunkeln zu Essen erhöht die Intensität des Geschmacks. Später stehe ich im Nebel und schaue auf einen dunklen See. Am Tage war er eine graue bewegte Fläche, auf den Wellen reflektierte das Licht der Sonne, dass durch die Wolken gelangte. Nachts ist der See eine undefinierbare schwarze Fläche - verschwimmt mit dem Himmel darüber, kein Mond, der das Wasser blitzen lässt. Einfach eine schwarze Fläche, die sich vor einem ausbreitet, ohne ihren Anfang und ihr Ende preis zu geben. Diese schwarzen Flächen üben eine Anziehungskraft aus. Es scheint, als könnte ich mich von ihrer Realität nur überzeugen, in dem ich ihnen Nahe komme, sie berühre, die Nässe spüre und mich so von der Wirklichkeit überzeuge. So ist es immer zwischen mir und den Gewässern. Wenn ich einmal schwimme in einem See, bzw. bevor ich schwimme, stehe ich im hüfthohen Wass

Ranzig/Prophetös

  Architektonischer Traum - ich lief durch einen sommerlichen Park und betrat ein quadratisches Holzgebäude, dunkelbraun umgaben mich Wände und Treppen und ich ging dort Stockwerke hinauf und hinunter. Die Funktion des Gebäudes war mir nicht klar - vielleicht ein altes Gradierwerk zur Salzgewinnung oder ein Tempel. Ich zog mehrere Runden, irgendwann aber wollte ich wieder hinaus, fand jedoch den Ausgang nicht mehr - so als ob es nie einen Ein- oder Ausgang gegeben hätte - oder dieser sich immer wieder aus meiner Reichweite bewegen würde. Sehr unangenehm, zumal das Gebäude sehr luftig konstruiert war, keine geschlossenen Wände hatte, sondern zwischen den einzelnen Brettern Licht drang und der Blick nach außen möglich war, aber eben kein Ausweg. Ich erinnere mich auch an einen anderen Traum in dem ein Alpenhaus auftaucht, dass aber am Fluss in meiner Heimatstadt steht. Drei- oder viergeschossig lauert es dort an der Uferstraße, dunkel grau mit düsteren Fenstern und ich verspürte eine seh

Logipack/Ausbürgerung

Es gibt bessere Orte, Veränderungen am eigenen Körper festzustellen, als die Öffentlichkeit. Ich saß gerade in ein Gespräch vertieft auf einer Bank, als ich mir durch die Haare strich. Dabei ertastete ich über meinen Ohren, also links sowie rechts längliche Eindellungen, bzw. leichte Wülste. Nach dem ich sie einmal entdeckt habe, fuhr ich immer wieder, möglichst unbemerkt von meinem Gegenüber fasziniert an den Wülsten entlang, konnte gar nicht mehr damit aufhören, schob sie hin und her und wunderte mich, warum ich die vorher nie wahrgenommen habe. Ich nahm zwar noch am Gespräch teil, hatte aber meine Hauptaufmerksamkeit auf sie gerichtet und fing an darüber nachzudenken, ob das Schwellungen sind oder man am Kopf dick werden kann. Vielleicht, so überlegte ich, waren die Eindellungen direkt über dem Ohr, entstanden durch das permanente Tragen von Wayfarer-Sonnenbrillen, denn sie waren in Größe und Form deren Bügeln ziemlich ähnlich. So saß ich dort also und tastete an meinem Kopf herum. 

Versunken in/Aufsteigender Dunkelmond

Ich träumte von einer kargen Dachgeschosswohnung in der ich lebte. Die Böden waren mit abgenutzten Holzdielen belegt, die Wände teils von grauem Putz bedeckt, hier und da aber auch noch sehr alte Tapeten. Es gab zwei quadratische Zimmer von jeweils zwanzig Quadratmetern, die mit einer Tür verbunden waren und jeweils ein Fenster, dass in die Dachschräge gebaut war. Das Licht, dass durch die Fenster fiel, reichte aus, um die Räume in ein dunstiges gelbgrau zu tauchen. Als einzige Möblierung befanden sich im vorderen Zimmer ein flacher Schrank und eine Matratze mit weißen Bettzeug, sowie ein Waschbecken mit einem kleinen Spiegel darüber. Ich hatte keinen Kontakt zu anderen Menschen, eine kleine Hauskatze war das einzige Wesen mit dem ich meine Zeit teilte. Einsamkeit und Ruhe waren die dominierenden Zustände, hinzu kamen Angst, wie ich die Katze und mich hier durchbringen sollte, denn ich wusste nicht, woher ich mein Geld bekam.  Ich dacht dies, als ich mich von der Matratze erhob. Ich sc

Laubbläsergesang/Blauberrygestank

Der Klavierhocker auf dem ich saß, gab beim Drehen den Ruf einer Graugans von sich. Als ich ein paar Tage später durch den heimischen Wald fuhr, hörte ich durch das lichter werdende Blätterdach die echten Gänse rufen, verglich die Imitation mit dem Original, freute mich über die Ähnlichkeit und wusste, nun ist wieder Herbst. Zwischendurch schlich ich durch eine große Stadt und spürte meine eigene finanzielle Schwäche, weil dort das Treiben nach Geschäftigkeit und Produktivität ausgerichtet war und auch die Menschen gepflegt wirkten und ihr Erscheinungsbild nach Erfolg aussehen lassen wollten. Dabei ist natürlich zu erahnen, dass die meisten von ihnen buckeln müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Das glaube ich hinter den lächelnden Gesichtern zu sehen, die dem Versprechen des Erfolgs hinterher jagen. Und an jeder Ecke ein Konsum-Angebot, Kaffee, schöne Textilien. Hier geht es einfach darum, Leistung zu bringen und sich dafür auch zu belohnen.  Ganz anders als hier, also dort,

Grantstein/Zartfels

Wir stehen in einem dunklen Flur und unterhalten uns über das krisenvolle Weltgeschehen. Aus einer der vielen Türen tritt Wladimir Putin mit einen schwarzen Anzug bekleidet. Er ist hier ein Diener, sagte mein Gesprächspartner und boxte Putin spielerisch in die Seite. Dieser kicherte hörig und sagte etwas, wie „Gewiss mein Herr, man tut was man kann“ - ich denke darüber nach welche Despoten dort vorn hinter der verschlossenen Küchentür mit den beschlagenen Scheiben zusammensitzen, wenn ein Tyrann wie Putin hier nur ihr Diener ist. Ich äußere diese Gedanken nicht und teile den beiden stattdessen mit, dass wir doch auf den Balkon gehen könnten, um noch einmal die Abendsonne zu genießen - denn die Raketen sind doch fast unterwegs und die Bomben bereits ausgeklinkt. Während wir in den Himmel blicken, ertönen auch schon die Sirenen. Putin gibt ein unsicheres Stöhnen von sich und ich sehe die Kondenstreifen der Lenkflugkörper vor der roten Sonne und höre das Donnern der Bombertriebwerke. TV

Keine Vogelkinder/Schreien immer

Notiz in eigener Sache: Am 4.11. erscheint mein Buch "Die Schwerkraft provozieren" im Gansverlag Berlin. Eine Sammlung von Texten aus den letzten drei Jahren. Roadtrips, Klaggesänge und viele Traumnotizen. Martina Hefter schreibt in ihrem Nachwort:  Timm Völkers Texte sind eigentlich Abenteuererzählungen. Man weiß nie, wo man hingeführt wird, auf ein Hausdach, in den Park, in einen Traum. In neue Erkenntnis definitiv. Das Buch ist überall erhältlich. Ordert es am besten in eurem Local-Bookstore. Die brauchen Support! ---- Aus Träumen erwacht in denen ich einem Song auf einem Festival zuhörte, der Deichkind-Anmutung hatte. Also mit einem Beat, elektronischem Charakter und pointenreichen Strophen, an die ich mich natürlich nicht erinnern kann. Nur der Refrain blieb mir noch in Fetzen erhalten: "Irgendwann reicht's/Jetzt muss etwas passieren"...schon im Traum dachte ich, dass ich mir den unbedingt merken muss, aber das Tageslicht wischte alles weg. Nichtsdestotrot

Richt/Poop Culture

Ich habe mir die Kante gegeben, um am nächsten Tag dabei sein zu können, als ich wieder ein normaler Mensch wurde. Raus aus dem zittrigen Taumel, die Bisswunde am Oberarm wiederentdeckt, dann betastet und das menschliche Zahnmuster in den Blutergüssen gefunden. So scheint es mir, das der Zweck des Exzesses doch mindestens zum Teil darin liegt, eine Rückkehr ins normale Zustände der Wahrnehmung und körperlicher Tüchtigkeit aktiv mitzubekommen. Und dann frage ich: Mit welchen Recht? Mit welchem Recht nehme ich mir solche Freiheiten heraus, während andere sterben oder arbeiten? Das ist der gute alte Wille zur Selbstbeschädigung.  Der treibt auch die Nacktschnecken, deren Haut gemustert ist, wie die eines Leoparden auf die mit LED-Licht erhellte Steinveranda, auf der ich nach einem Konzert verweile. Nach und nach kommen Gäste aus dem Konzertraum und zünden sich Zigaretten an, selbstgedrehte und industrielle. Ich schaue auf die in Sandalen steckenden gepflegten Füße einer Frau. Sie tritt im

Vulkanisieren/Inhalieren

Ich betrachte die Männer auf den Straßen, insbesondere die Familienväter und insbesondere dann jene, die so friedlich aussehen: Jogagefestigt, freundlicher Blick, weite Kleidung, ruhig sprechend und fürsorglich umgehend mit ihren Kindern, von denen viele längeres Haar haben und frei und glücklich umherschwirren. Ich betrachte diese Familienväter während sie mir auf einem engen Fußweg entgegenkommen und überlege mir, wie sie sich in einer Kriegssituation verhalten würden. Würden sie sich sofort ergeben und gar nicht erst kämpfen oder würden genau diese Menschen moralisch legitimiert durch die Aufgabe der Verteidigung ihrer Familien zu den barbarischsten Taten fähig sein? Mit verkrampften Kiefern, dreckverschmiert und unterdrückte Schreie abgebend würden sie auf andere Menschen schießen oder einschlagen, mit bloßen Händen töten, in dem Glauben, das richtige zu tun, weil sie auf der richtigen Seite stehen.  Und genau das ist es ja, was den Krieg ausmacht: Er hält alle in dem Glauben, dass

Grantel-Garant/Krokant-Tarantel

Endlich mal wieder ein paar Träume, nicht, dass ich keine hatte, aber...jedenfalls schliff ich einen halb-bewusstlosen Christoph Schlingensief gemeinsam mit meiner Schwester an seinen Füßen durch eine Heidelandschaft. Tannen, sandiger Boden, warme Temperatur. Schlingensief war aber nicht wirklich Schlingensief sondern ein psychopathischer Mörder, den wir bevor er uns etwas antun konnte, überwältigt haben und jetzt irgendwo abgeben wollten. Er redete die ganze Zeit vor sich, lachte verrückt, was mich nach einer Weile dazu brachte, anzuhalten und mit einem Ast auf ihn einzuschlagen, dabei wechselte meine Perspektive auch für kurze Momente in die, des am Boden liegenden. Schläge, die dumpf im Schädel vibrieren und das Bild für kurze Momente schwärzen. Dann wieder ich als ich, wie ich Schlingensief betrachtete, der sich lachend und wimmernd am Boden wand, irgendwie kläglich und Mitleid erregend. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass meine Schwester und ich, wenn wir ihn so zu einer Wach

Ranznotiz/Stollenblasphemie

Mal wieder dem Konsumverlangen erlegen. Vor 3 Wochen schlich ich in der Kaufhalle um die Wühlkiste und betrachtete eine Steppdecke. Ich las mir durch, was ihre Vorteile waren. Unter anderem, dass sie aus 2 Decken bestand, die an den Ecken aneinander geknöpft werden. Keine schlechte Idee, dachte ich, denn in diesem Sommer musste ich mehrmals ohne Decke nächtigen, weil es einfach zu warm war. Aber dadurch geht das schützende Gefühl beim Schlafakt verloren und mit so einer Knöpfdecke wäre es möglich, auch im Sommer bedeckt ins Traumland zu reisen. Die Decke war kostete um die dreißig Euro und ich begann abzuwägen, redete mir die Knöpfung madig, weil sie ja vielleicht mit der Zeit nicht mehr halten könnte und dann, also im Winter, hat man zwei Deckenklumpen im Bezug und einer ist ja schon schlimm genug. Sowieso: die einzigen Knöpfe die ewig halten, sind die an echten M65 Jacken.  Und so schlich ich zu anderen Regalen, kehrte noch zwei mal zurück zur Decke, doch verließ den Markt ohne Texti

Kosmischer Kautz/Rote Biere

Es schien so, als hätte es eine Reihe politisch motivierter Taten gegeben, die an der Kante zwischen Sachbeschädigung und Terrorismus entlangschrammten. Irgendwas wurde kaputt gemacht oder angezündet und die Obrigkeit fühlte sich bedroht oder machte eine Bedrohung daraus. Auf jeden Fall war nicht ganz klar, wer es war und so wurde ermittelt. Ich befand mich in der Gegend um das Haus in der die Wohnung meiner Eltern war. Auf dem Platz auf der gegenüberliegenden Straßeseite war ein mobiles Ermittlungszentrum der Polizei aufgebaut. Zelte, LKWs, Antennen, usw. Dann gab es eine Lautsprecherdurchsage, die ungefähr die obigen Worte enthielt, natürlich ohne den Halbsatz, dass aus den Taten eine Bedrohung gemacht werden sollte, aber mit der Bitte, falls jemand etwas über die Vorfälle wissen sollte, dieses Wissen jetzt am Ermittlungszentrum abzugeben. Die Bewohner der Straße traten vor ihre Häuser und hörten den Ansagen zu, keiner fühlte sich angesprochen. Ich hatte meine M65 Jacke an,  und sagt

Zaunzeuge/Zeitstrom

Ich schaue hoch zur Laterne, in ihr bronzefarbenes Licht und überprüfe, wie dicht die Regentropfen aneinander vorbei zur Erde gleiten. Dies hilft vor allem, wenn man schon eine Weile draußen unterwegs ist, die Klamotten leicht angenässt sind und man das Gefühl für Trockenheit verloren hat. Und die Tropfen hatten eine Handbreit Abstand voneinander und damit war mir klar, dass der Regen nachließ. Ein voll besetztes kleines Auto nähere sich der Kreuzung an der ich stand und durch das heruntergelassene Fenster sah mich der Beifahrer an, ich schaute zurück, schaute zu lang und vielleicht auch etwas zu freundlich und dachte mir noch, dass ich die Person gar nicht kenne, doch die Hand war schon zum Winkegruß erhoben und die des Beifahrers auch und weil der Grußaustausch auf dem Weg war, zogen wir's durch. Ohne zu wissen, ob wir uns kannten oder nicht. Das las ich zumindest aus seinem Gesicht, dass meinen Ausdruck zu spiegeln schien. Dann wurde die Ampel grün und das Auto fuhr davon.  Ich

Die Zähmung/Der Sog

"Ein, aus, ein, aus, ein, aus, ein und aus..." - so lag ich da und versuchte die kreisenden Gedanken zur Existenz in meinem Kopf auszuschalten. Die Konzentration auf den Atem, der ein zentraler Bestandteil des Lebens ist, soll für Klarheit im Geist sorgen, weil sie alle anderen Geistaktivitäten überlagert und zähmt. Und ich lag im Dunkel und beobachtete mich, wie ich im Geiste "ein, aus, ein, aus...usw." sagte und das funktioniert tatsächlich eine Weile, aber wie auch immer sie es machen, die Gedanken schleichen sich zwischen die Atemzüge und sind wieder präsent. Gedanken über die Möglichkeit als Quereinsteiger Pfarrer in einer Dorfgemeinde in Sachsen-Anhalt zu werden, Gedanken dazu, wie unglaublich es ist, das mein jetziges Leben funktioniert und dann die Beunruhigung im Brustkorb darüber, wie lange das noch so funktionieren kann. Und dann der Vorwurf, es bisher nicht besser hingekriegt zu haben und stattdessen auf einer Welle mehr oder weniger unüberlegt und ohn

Spinnenkante/Mein Wollsieb

Egal wie oft ich nachts aufwache, im Moment bevorzuge ich das Land des Schlafs gegenüber dem des Wachseins um ein vielfaches. Es ist um präziser zu sprechen, der Grenzbereich zwischen beide. So wachte ich vor einigen Nächten zwischen 3 und 4 durch einen mächtigen Donnerschlag auf, erschrak, fühlte dann aber umso mehr eine urtümliche Ruhe als ich dem heftigen Regen lauschte, der auf das Dach und das halb geöffnete Fenster schlug. Ein Rauschen, dass mich wieder zurück driften ließ in die Halbwelt der Träume und Körperlosigkeit. Gewitter: sie erschrecken, machen aber gleichzeitig gewahr, dass man sich in einer geschützten Behausung befindet, gesetzt dem Fall, man befindet sich in einer.  Es ist also auch hier eine Mischung: Einerseits, die ursprüngliche Angst vor dem Donner, der für lange Zeit wohl das lauteste Geräusch war, dass der Mensch in seiner Umgebung hören konnte, weshalb diese Angst, wenn auch in den meisten Fällen rational unbegründet, doch in uns alle einprogrammiert ist. Ande

Nenn mich VIELLEICHT/Der Wolkenwolf

Ich lag in einer Böschung, mit den Füßen oben und dem Kopf am Grund zwischen Gestrüpp und feuchter Erde. Diese schräge Position ermöglichte es mir in Kombination mit der nach unten ziehenden Schwerkraft nicht, mich wieder aufzurichten. Nur den Kopf konnte mich mit Mühe in Richtung Brustkorb ziehen, um zu sehen, wo ich bin. Auf mir lag mein Fahrrad, um mich war die Nacht und ich spürte den Mix aus Überlebensdrang, mich hier raus zu winden, aber auch wie die Angst hier ewig liegen zu bleiben, sich mit dem beruhigenden Gefühl vermischte, dassd Schicksal anzunehmen, noch eine Weile mit den Insekten zu reden und dann von Pflanzen überwuchert zu werden.  Ich konnte mir nicht erklären, wie ich in diese ungünstige Lage gekommen war, denn der Weg, der oberhalb der Böschung verläuft, ist mir vertraut. Vielleicht war es der Mangel an Gleichgewichtssinn, der mich beim Abbiegen vom Weg am Fluss entlang in den Wald, durch die Sträucher nach unten stürzen ließ. Gut möglich, dass es neben dem normalen

Strahlenbann/Verunreinigte Staaten

Wir liefen eine kurvige Landstraße entlang, bestimmt nördliches Sachsen-Anhalt oder Saalekreis. Die Gegend war von Feldern dominiert und ein bisschen hügelig. Der Asphalt wurde vor ein paar Jahren neu gemacht, so dass die Sommersonne noch nicht lang genug darauf geschienen hat, um das Material zu erodieren und im Winter das Wasser eindringen konnte, um zu gefrieren und Risse im Boden zu erzeugen. Nur die Fahrbahnmarkierungen waren schon etwas verblichen und schmutzig. von den Reifen der Traktoren, die häufig über die Kante, wo die Straße aufhört, das Gras aber noch nicht beginnt, rollen und durch ihr Rollen diesen Zwischenzone über die Jahre immer breiter machen.  Das Wetter war gut und wir waren frei in unserem Trott, unterwegs um unterwegs zu sein. Und da kam auf einem Moped, einer Simson S51, Bob Dylan von hinten angefahren. Auf unserer Höhe verlangsamte er seine Geschwindigkeit, schaute nach rechts zu uns, rief meinen Namen und raunte über das Knattern des 50ccm Motors hinweg: &quo

Ein Bett in Cornflakes/Ticktack die Friedhofsuhr

Es ist die Zeit, die alle Wunden heilt. Dafür kann man ihr mal dankbar sein. Gerade auch wenn man erst realisiert, dass sie geheilt hat, wenn sie vergangen ist. In der Situation davor, scheint es ja manchmal so, als ginge die Pein, die Angst, der Schmerz nie vorbei und würde für immer herrschen. Und gleichzeitig ist die Vorstellung undenkbar, dass es jemals anders sein könnte. Aber irgendwann ertappt man sich dabei, zu sagen: "Huch, es geht ja."...aber bevor es weiter ins Abstrakto-Land, hier ein paar Profane Nahrungserlebnisse: Los geht es mit der Unzulänglichkeit Käse-, Wurst- oder sonstige Plastikpackungen zu öffnen, die so einen Foliendeckel haben. Dies fiel mir insbesondere dann auf, als ich nasse Hände hatte, weil ich vorher kurz Obst oder Tomaten abgewaschen habe. Hat man die kleine "Hier Öffnen" Lasche endlich hochgeklappt gekriegt, ist es trotzdem nahezu unmöglich die Folie aufzuziehen, denn zwischen den nassen Fingern rutscht sie ständig weg. Natürlich wär

Teerhund/Bronzekatz

Nach fast zwei Wochen temperaturbedingter Unbedecktheit beim Schlaf, konnte ich endlich wieder eine schützenden Decke über meinen Leib werfen und dem nächtlichen Geräuschgemisch aus Regenrausch und Rauschgegröhle lauschen. Der Morgen danach begann mit dem rasselnden Ruf einer Elster, der klingt, als reibe man zwei Schieferplatten ganz schnell aneinander oder ließe einen Stock aus Beton an den Stangen eines Geländers aus Beton entlangklappern. Das ganze aber in einem schalldichten Raum, so dass es eben ganz trocken klingt.  Von diesem Geräusch wachte ich auf und bemerkte, da ich, welch ein Privileg, noch etwas liegen bleiben konnte, dass es verschiedene Aufwachgeschwindigkeiten gibt. Beiden gemeinsam ist, dass der Geist aktiviert wird und seine üblichen morgendlichen angenehm ungeordneten Gedanken durchs die Hirnhallen wirft. Als sehr angenehm empfinde ich es dabei, nur ein Betrachter zu sein und sehe den Dingen und Worten, erschreckend oft sind es auch Zeitungsartikel, die erstaunlich