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Es werden Posts vom Dezember, 2023 angezeigt.

Komm ran/Reh Granate

"Hier ist der Zug lang gefahren, direkt vor den Fenstern. Da haben Familien gewohnt und da sind sie zur Arbeit gegangen." - S. zeigt mit der Hand und dem dazugehörigen Arm ins Dunkel und ich bin wie immer glücklich, wenn mir einer was erzählt und ich nicht selber reden muss. Schweigen und zuhören - so mag ich es. Wir laufen durch die Nacht, weil es hier um die Ecke gute Pommes gibt und die Trinkerei noch nicht vorbei sein soll. "Das letzte Mal bis Weihnachten 2028" - so lautet meine Prognose, jedes Mal, wenn der Schnaps ins Glas fällt. Als es noch hell war und Regen fiel, stapelten wir Holz in jede freie Ecke des Raumes, damit es im Laufe der nächsten Monate verbrannt werden kann. Wärme als essentielles Bedürfnis. Und das Feuer, so sagte S., möchte niemand ausgehen sehen, eher noch, soll es immer größer werden, so wie die Scheiterhaufen in den Mittelaltern. Der Kamin und das Lagerfeuer als Orte der Moral. Ich sehe in die Flammen und schon vor langer Zeit erkannte

Neffenzusammenbruch/Himmelsschmutz

In der linken Hand hielt ich ein Mikrofon, mit der anderen Hand griff ich in das Gesicht einer Person, als wäre es ein Basketball. Ich war nie ein guter Basketballspieler, um genauer zu sein, waren meine Leistungen im Basketballkurs so schlecht, dass ich deswegen fast von der Schule geflogen wäre. Dann standen ich an der Straßenecke und wartete auf ein Taxi, das meine Begleitung und mich zu einer Feier bringen sollte. In mir entstand kurz davor das Verlangen mit dem Taxi durch die Stadt zu fahren, den Luxus zu erfahren, sich nur kurz auf einer Veranstaltung sehen zu lassen und dann wieder zu verschwinden. Unsere Outfits entsprachen zwar nicht denen, die schon von Weitem deutlich machen würden, dass wir uns ständig mit Taxis auf Parties fahren ließen, aber diese äußerlichen Orientierungsmarker sind doch längst überholt.  Als das Taxi dann kam, stiegen wir ein - doch bevor es losfahren konnte, wurde es durch ein anderes ausgebremst. Die Fahrerin stieg aus und wies daraufhin, dass ich ihr

Zinnsumpf/Plan-Tage

Ich sitze auf einer Bühne und Sorge für Musik zwischen Programmpunkten. Während diese laufen, es sind  literarische Beiträge in verschiedenen Sprachen, sitze ich so regungslos wie möglich da, um nicht abzulenken. Einzig meine Augen sind in Bewegung und schweifen durch den Saal. In der zweiten Reihe bemerke ich einen sehr alten Mann, der mich mit schräg gekippten Kopf ansieht. Seine Augen sind zusammengekniffen, als würde er nachdenken, überlegen, woher mich kennt. Oder hat er mich nur als Fixpunkt ausgewählt, um sich ganz auf den gerade vorgetragenen Text zu konzentrieren. Vielleicht hat er ja nur noch ein funktionierendes Ohr, welches er schräg auf den Vortragenden richten muss. Er schaut mich auch weiter an, als ich seinen Blick erwidere, ihm standhalte. Ein Blickduell. Und da taucht ein Gedanke auf, ein Gedanke basierend auf Vergangenheit: Ich sinniere darüber, dass meine erste Vermutung vielleicht die richtige sein könnte und der Mann, darüber nachgedacht hat, woher er mich kennt u

An Rohren/Ver-Gore-N

Aus der Haustür heraus und nebeneinander auf der Straße entlang - und, kann es am plötzlichen Einbruch des Tageslichts und dem frischen Sauerstoff liegen? - spüre ich eine Fremde. Als ob ich mein Gegenüber gar nicht kenne und auch nicht weiß, was auf der Straße gehen bedeutet. Ich stolpere nicht, habe das Laufen nicht verlernt, betrachte aber meine Füße und den Körper neben mir und frage mich, wer das ist und wieso. Unheimliche Realitätsverschiebung. Es ist nicht so, dass die Farben oder Formen sich plötzlich verändern. Vielmehr ist es das Verhältnis zwischen mir und der Umwelt, das von einen Moment auf den anderen unklar scheint. Alles kann jetzt neu betrachtet werden. Und natürlich fühlt sich alles erstmal falsch an - wie auch sonst...nach einer Runde allein um den Block ist es dann wieder halbwegs normal - aber auch jetzt während ich das niederschreibe, hallt das Gefühl der Entfremdung noch in mir nach.  Als Kind ging es mir ähnlich - ich sah plötzlich den Sinn nicht mehr in den Han