Direkt zum Hauptbereich

Posts

Es werden Posts vom Januar, 2024 angezeigt.

Fanfare/Totale

Mehr und mehr konkretisiert sich in mir die Vorstellung aktiv in einen Krieg verwickelt zu sein - war es früher eine abstrakte Angst vor etwas, von dem ich wusste, dass es sowieso nicht eintritt, ist es inzwischen eine aktive Angst vor einer ziemlich konkreten Bedrohung, vor etwas, dass unüberschaubar und doch sehr real ist. Langsam schlich sich diese Vorstellung in mein Leben.  Es fing an einem Sonntag morgen vor sehr vielen Jahren an, als ich bei einem Schulfreund übernachtete. Wir waren in einem Alter, in dem wir mit Panzern und so etwas spielten und im verrauchten Wohnzimmer auf dem Teppich umherkrochen. Der Vater, er hatte, so glaube ich mich zu erinnern, ein Glas Wein vor sich, begann uns sehr ausführlich die Geschichte des zweiten Weltkriegs zu erzählen. Ich glaube sogar, er fing beim ersten Weltkrieg und dem Mord am österreichischen Thronfolger. Ich war erstaunt, wie viel Wissen in diesem Mann wohnte. Aber ich hatte auch Hunger und es gab nur ein paar Rosinen. Später habe ich m

Neongräser/Glasbauch

M. fragte mich, nach dem ich etwas vorgelesen hatte, ob ich noch wütend sei. Das war eine einfache und präzise Frage. Ich antwortete darauf, was ich nicht hätte tun müssen. Aber, wie so oft, konnte ich den Impuls nicht an mir halten und da ich an diesem Abend sowieso sehr offen und gleichzeitig abwesend war, sagte ich: " Ja, klar bin ich noch wütend. Aber auch freundlich." Das kam in den letzten Jahren dazu und ich glaube ja, das wütend und freundlich sein, das selbe sein kann, bzw. beide Regungen genauso beschämend sein können. Zumindest, und das wollte ich hier schon länger mal zur Sprache bringen, wundere ich mich über mich, wenn ich freundlich bin, aber auch, wie sehr freundlich sein helfen kann. Nicht unbedingt, um eigene Interessen durchzusetzen, sondern auch auf der Straße, um zu signalisieren, dass ein mir entgegenkommender Mensch keine Angst haben muss, dass ich ihn umfahre. Denn viele Menschen sind gereizt unterwegs in den Straßen. Die Signalisierung guter Intentio

Affenecho/Röntgenigel

So ein Tag - wie viele Dinge und Fakten man gleichzeitig mit sich rumträgt und abwägt, Ängste und Meinungen. Einerseits ist man beschäftigt, klar zu kommen mit den Kriegen die jetzt, also GERADE jetzt stattfinden und Menschenleben kosten, andererseits gilt es auch die Überlegung anzustellen, was man sich zu Essen einkauft, mit wem man sich trifft, streitet oder küsst. Die Gleichzeitigkeit dieser Ebenen verwirrt mich - und ich frage mich, ob sich die Entscheidungen in den Ebenen untereinander auch vermischen oder getrennt bleiben, wie bei verschiedenen Farb- oder Lackschichten. Da kommt es auch immer auf die Art der Farbe an. Bei manchen bleibt jede für sich, bei manchen gehen die Schichten ineinander über. Aber es ist ja alles in einem Kopf, es ist ja alles auf einer Erde und so glaube ich, dass sich alles vermischt.  Wir standen ja auch eben an der Ecke am Tunnel, in der Kälte und unterhielten uns übers Lackieren und das Zähneknirschen des Kindes, wenn ein neuer Zahn durchs Zahnfleisc

Etwas langsam zwischen den Ohren/Trotzhimmel

Ich lag auf dem Bett und atmete. Es war morgens, soweit ich es beurteilen kann. Der Himmel war bedeckt - seit Wochen und so wurde es nie richtig hell. Die Wirklichkeit lag schwer auf mir, wie eine unsichtbare Gelatineschicht auf einer selbstgemachten Torte mit Fertigboden. Ich war eine der Früchte, und besagte Gelatine, drückte mich in den Pudding unter mir, jede Bewegung und jeder Gedanke schien durch die Schicht gebremst. Mir reichte das langsam und so versuchte ich mich auf meinen Atem zu fokussieren, während ich meine Arme leicht von meinem Frucht-Körper weg streckte. Dabei, so lernte ich es einst, macht es einen großen Unterschied, ob man die Handflächen nach unten oder nach oben dreht. Ich war verblüfft, wie anders es sich anfühlt. Mit den Handflächen nach unten strömt die Energie der Anspannung aus ihnen in den Boden und, so stellte ich es mir vor, kann sie gar nicht entweichen, sondern prallt immer wieder an den Händen ab und bleibt letztlich an ihnen kleben. Nach oben gedreht

Sätze kommen herein / Doch wollen nicht bleim

Kaulquappen aus dem Schulgarten mitnehmen - von stehlen kann hier nicht die Rede sein. Eine Quappe gehört niemandem außer sich selbst, es sei denn sie lebt auf der Farm eines Froschschenkelexporteurs. Die Quappen kommen in einem Glas mit nach Haus, das Glas verborgen im Ranzen. Die Quappen ganz durchgeschüttelt dann ins alte Aquarium zusammen mit Seewasser und ein paar Algen. Eigentlich war es Vaters Idee, der hatte auch mal welche von einem kleinen Teich mitgebracht. Jeden Tag wurden die Tiere etwas größer und veränderten sich. Von kleinen schwarzen Kugeln mit einem fadenartigen Schwänzchen, entwickelten sie sich zu Lebewesen mit richtigen Augen und auch Knochen. Ihnen wuchsen erst Hinterbeine und dann kleine Arme, die Schwänze schrumpften und dann krochen sie auf das kleine Stück Land im Aquarium. Dann wurden es weniger. Ich hatte erst die Katze verdächtigt, die sie vielleicht rausgefischt hat. Aber als dann nach und nach auf den Zimmerteppichen kleine vertrocknete Frosch- und Molchl