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Pandemonia 27 - Glashausbaustein

Die nächtliche Ruhe. Ich finde sie nach wie vor unglaublich. Nun scheint es mir fast, als wäre diese Stille laut. Versteht ihr? Man nimmt sie wahr, nimmt eigentlich die Abwesenheit des üblichen Lärms war und diese Abwesenheit ist dann auch wieder ein Geräusch. Morgens nur die Vögel, dann kommen die Kinder des Nachbarhauses dazu und Wochenend-Baugeräusche vom Verputzen von Wänden und Hacken von Holz. Ab und zu das Eisenrattern der Straßenbahn. 

Was fehlt eigentlich? Fragte ich mich schon in der Nacht. Es scheint die Abwesenheit von Gesprächsrunden zu sein, von Menschen die laut sprechen. Dabei tritt in meinem Geist auch zu Tage, dass ich, wenn ich Nachts durch die Gegend laufe und laute Stimmen vernehme, schnellstmöglich versuche zu deuten, ob es positive oder negative Aggression ist, die von ihnen ausgeht. 

Positive Aggression ist daran zu erkennen, dass die Stimmen laut, aber von Lachen begleitet sind. Verwirrend ist dies manchmal, weil "im Spaß" rumgepöbelt oder geschrien wird, was mich erstmal verängstigt. Gefolgt ist das dann in den meisten Fällen von einem Lachen. Ich denke mir dann immer: Hier üben sie schon für den Fall, das wirklich gepöbelt werden muss. Wobei ich denke, dass ein Pöbeln als Vorform der Gewalt im Ernstfall gar nicht auftaucht. Gewalt ist leiser als man glaubt oder wird gedämpft von Mauern. 

Am liebsten von allen Geräuschen in der Nacht ist mir aber nach wie vor das Donnern der Eisendino-Züge, die in der Ferne grollen auf dem Weg in die Tagebaugebiete.

Und heute am frühen Morgen, in dem sich in den letzten Tagen das Träumen gehäuft abspielte, begegnete ich alten Verletzungen und wusste, der Heilungsprozess bedeutet nicht vergessen sondern das Erlernen damit zu Leben (heute ganz schön substantivistisch alles)...und wieder hohe Fragmentierungsrate, kurzer Ausschnitt eines Films, wo sich wieder jemand selbst gedoppelt begenete. 

Zum Thema vergessen noch eine Feststellung, die mir bei einem Spaziergang am Tage kam: Es vergeht nicht ein Tag an dem ich nicht an Nazi-Deutschland und seine Verbrechen denke oder gar von Außen erinnert werde. Geht euch das auch so? Und ist es gut das niemals zu vergessen oder manifestieren sich durch das permanente Erinnert-Werden die Verbrechen für immer in unserem Gedächtnis? Ich tendiere zu ersterem.

Never forget!

Bleibt gerade.

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