Direkt zum Hauptbereich

Affenecho/Röntgenigel

So ein Tag - wie viele Dinge und Fakten man gleichzeitig mit sich rumträgt und abwägt, Ängste und Meinungen. Einerseits ist man beschäftigt, klar zu kommen mit den Kriegen die jetzt, also GERADE jetzt stattfinden und Menschenleben kosten, andererseits gilt es auch die Überlegung anzustellen, was man sich zu Essen einkauft, mit wem man sich trifft, streitet oder küsst. Die Gleichzeitigkeit dieser Ebenen verwirrt mich - und ich frage mich, ob sich die Entscheidungen in den Ebenen untereinander auch vermischen oder getrennt bleiben, wie bei verschiedenen Farb- oder Lackschichten. Da kommt es auch immer auf die Art der Farbe an. Bei manchen bleibt jede für sich, bei manchen gehen die Schichten ineinander über. Aber es ist ja alles in einem Kopf, es ist ja alles auf einer Erde und so glaube ich, dass sich alles vermischt. 

Wir standen ja auch eben an der Ecke am Tunnel, in der Kälte und unterhielten uns übers Lackieren und das Zähneknirschen des Kindes, wenn ein neuer Zahn durchs Zahnfleisch bricht und kurze Zeit später meinte ich schon, dass die Erde einen Durchmesser von 30 Kilometern habe. Was alle alle anderen als zu gering einschätzen. Ich schaute auf dem Telefon nach und tatsächlich, die Erde ist viel größer - der Durchmesser beträgt 12000km - also 6000km bis zum Kern. Und in die eine Richtung in weniger als 3000km Entfernung ist Krieg und in die andere auch und in die andere auch und in die andere auch, in ein bisschen weiterer Entfernung. Und in ca. 8km Entfernung von der Villa Marlier setzen sich Leute zusammen und hecken wieder menschenfeindliche Pläne in einem Hotel aus. 

Und wiederum 8000km von da entfernt, legt ein Forscher eine Echse auf ein Röntgengerät, um herauszufinden, wie sich diese Echse selbst schrumpfen und wachsen lassen kann in Abhängigkeit von der Temperatur, einfach um zu überleben. Und 3km von hier wohne ich und fahre mit dem Fahrrad durch den Wald in der Dämmerung in der die Blätter auf dem nassen Boden lila schimmern, weil die Sonne nicht durch die Wolken kommt und ihr Licht gefiltert wird durch die Schichten grauer Luft. Das passiert alles zur selben Zeit und ich sitze da und muss mir jetzt aussuchen, worüber ich als erstes nachdenke und schichte Schicht für Schicht zu Geschichte übereinander. Dabei esse ich kopfschüttelnd ein Stück Torte, in dem ich letzte Woche noch zu leben glaubte, dann noch einmal davon träumte und das ich , also genau jetzt tatsächlich mit einer kleinen Kuchengabel in mich hineinschaufle während ich mit vollem Mund sage: "Das passiert wirklich."

TV

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Dior Straits / At the gates

Als Soundtrack zu diesem Eintrag abspielbar: Im Traum alles voller Verlustängste: Naheste Menschen aus verschiedenen Zeiten vermischen sich zu einer Person und sind nicht erreichbar für mich. Typischerweise am Telefon. Rufton, Automatische Mailbox. So oft anrufen, bis die Mailboxstimme vertraut wird und die Vision entsteht, das sei die zu erreichende Person. Herumirren in einem schmalen Zimmer und immer wieder zwei Bettdecken aufschütteln von denen eine blaugelb gemustert ist und gar nicht mir gehört sondern aus einer WG stammt, die doch gar nicht in der Stadt ist. Wurde ich verstoßen und in der Fremde aufgenommen?  Ich rede mit den WGlern, dass ich die Flure und Wände gar nicht so dunkel getüncht und unrenoviert in Erinnerung habe, es aber mag. Das Haus sieht von außen nämlich ganz anders aus. Hell und neu mit ganz geraden Fensterfronten und elektrisch verstellbaren Sonnenschutzrollos außen dran. Die WGler wirken peinlich berührt und meinen, es gäbe hier gar keine dunklen Flure. Es sc

Garaus/Windrinde

Ein Wildschwein rennt durch die Straßen. Es hat auf seinem Rücken langes Fell, dass mindestens genauso hoch wie es selbst nach oben aufgestellt ist, eigentlich so aussieht, als sei es geföhnt und an den Kanten ganz sauber geschoren und in die Form eines Quaders gebracht. Das Schwein wird von Hunden gejagt und der Fellquader auf seinem Rücken verwandelt sich in einen weiteren Hund. Die Menschen dort greifen nicht ein. Ich bemerke, dass ich meine eigene Hand halte. Ich bin nicht verängstigt, versoffen oder verzweifelt, erinnere mich aber an Momente, in denen ich in solchen Zuständen erwachte und mir selbst versuchte durch sanftes reiben der Oberarme Halt zu geben, mir selbst die Hand hielt, um nicht allein zu sein mit der Übelkeit und den pergamentenen Zuständen, in denen sich Körper und Geist nach Feierein befinden.  Aber schon Baron Münchausen wusste, dass er sich und sein Pferd nicht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen konnte und auch ich bin mir klar, dass mein Mir-Selbst-Die-

Abag/Zetapak

Was für ein Tod wäre das gewesen: Pseudo-Rebell-Rocker überfahren von einem Sixpack - ich wollte eine Straße mit dem Fahrrad queren, die ich mindestens drei mal in der Woche vor mir habe. Seit einem Unfall ohne Verletzungen, aber mit erheblichem Sachschaden und Schock meinerseits, weil der Besitzer, des zerstörten Fahrzeugs (Unterboden pfutsch oder futsch?) zu mir meinte, "Ich solle nach Russland abhauen oder mir gleich einen Strick nehmen." , schaue ich lieber zweimal nach rechts und links und warte, bis die Autos vorbeigezogen sind, auch wenn sie noch ein gutes Stück von der Position entfernt sind, an der ich am Rand der Straße warte.  So stand ich auch diesmal wartend auf die sehr kurze Grünphase der Ampel an besagter Straße. Diese Phase ist so kurz, dass man es gerade mit dem Fahrrad herüber schafft, bevor das grüne Männchen wieder rot wird. Früher regte ich mich darüber auf, aber inzwischen gehe ich entspannter damit um, denn es ist eine sogenannte Bedarfsampel, dass b