Vor circa 2 Wochen habe ich die Lektüre des weltbekannten, aber mir nicht bekannten Buches "Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug" von Kurt Vonnegut zu Ende gelesen. Ich betone das, weil ich mir das schon länger vornahm, zuerst eine alte Übersetzung als die aktuelle verkauft bekam und letztlich die neue zu fassen kriegte und...LAS.
Am Anfang war's alles ein bisschen wirr, weil es so viele Erzählstränge bzw. Zeitsprünge gibt. Das liegt daran, dass die Hauptfigur, Billy Pilgrim durch die Zeit reisen kann, mal unfreiwillig, mal bewusst. Und so schnippt er kreuz und quer durch sein eigenes Leben. Seine Jugend verbrachte er im zweiten Weltkrieg als US-Amerikanischer Soldat in Deutschland. Wurde gefangengenommen und war zur Zeit der Bombardierung von (Nicht-Opferstadt)-Dresden, in eben jener Stadt und sah auch sonst nicht gerade wenig grauenhaftes im Krieg.
Das Buch ist ein Trip - deshalb will ich hier jetzt gar nicht so viel verraten, außer, dass es meiner Meinung nach eine sehr passende Formsprache hat, die Schrecken und die Verrücktheit eines Krieges adäquat wiederzugeben. Denn eigentlich ist das ja unmöglich, finde ich. Aber eine Geschichte, die Außerirdische, US-Provinzleben und brutale Kriegsszenen und Witz miteinander kombiniert - gibt all jenen, die (bisher) vom Grauen eines Krieges verschont wurden - einen kleinen Eindruck, was er mit den Menschen macht.
Es war eher vom Zufall bestimmt, dass ich darüber heute, am 72. Jahrestag der Bombardierung Dresdens schreibe. Denn ich bin geschichtlich eher wenig bewandert und wie einige Leser sicherlich schon mitbekommen haben, auch von der Zeitgeschichte eher verwirrt bis verängstigt. Sehe mich aber nach wie vor nicht in der Lage, mich dem Geschehen zu entziehen, durch feiern oder reiern oder schlichtweg die inneren und äußeren Kontakte zu kappen und einfach eine gute Zeit zu haben.
So schaue ich dann auch desöfteren neidisch auf jene, die sich in die Momente und Orte hineinfallen lassen können und im JETZT leben. Dann bin ich kurz grantig, gebe mich dem Versuch hin ein Teil dieser Momentmenschen zu sein, wackel' mit Hüften und Beinen und dem länger werdenden Haar, aber spätestens am übernächsten Tag, merke ich, dass das nix für mich ist. Aber sei's drum...nicht alle Menschen sind so. Also so wie ich.
Das lerne ich langsam und schaue sie mir an, schaue in ihre Augen und bemerke, dass sie aus meiner Mimik etwas lesen wollen, zu glauben etwas zu lesen und dann sind sie verunsichert, obwohl ich doch selbst unsicher und vor allem ihnen gar nicht so feindlich (also nicht soooooo feindlich, haha) gesinnt bin. Und so tue ich, was ich immer tue und tropfe euch ein "Schlachthof 5" inspiriertes vierteiliges Fragment hier hin:
1
Für jeden fällt eine Kleinigkeit ab
In diesem Krieg
Raubgut
Und von jedem fällt etwas ab
In diesem Krieg
Anmut
Und danach steht in den Büchern
Nicht mehr genug
Damit es fürs Leben reicht
Der Welt entrückt
Aber längst nich tot
Spüren die am Leben gebliebenen nichts
Bekommen aber angerechnet
Am Leben zu sein
2
Stell dir vor
Du bist
In einem Zimmer
Das
Eingerichtet ist
Wie ein Katalog
Das
Keine Wände hat
Nur Glas
Und die Leute dahinter
Applaudieren
Wenn du weinst
Wenn du lachst
Die Bücher und Laptops
Und Smartphones
Sind auch wie
Im Möbelhaus
Nur Attrappen
Die Bücher lassen sich nicht aufklappen
Displays
Nur ein aufgeklebtes Bild
Die Dinge sehen aus,
Als ob sie funktionieren
Aber sind ihrer Funktion beraubt.
Attrappen
Gut gemeinte Atrappen
Gut gemeinter Wärter
Die keine Ahung haben
- so fühlt es sich an.
3
Im Treppenhaus
Fallen Rotz und Tränen
Vier Stockwerke tief
Bevor das Gitter
Sie tranchiert
Das Deja-Vu
Jeder neuen Generation
Die ihre Faust
In etwas rein hauen will
Aber der Wand nicht traut
Denn am Ende
Wartet hinterm Rigips
Eine Begegnung
Und fragt:
Wie bist du hierhergekommen?
Warum benutzt du keine Türen?
Die Antwort:
Ja, ich könnte
Aber will nicht
Und gehe lieber
Mit der Hand
Durch die Wand
Das ist der stärkere Auftritt
4
Dann:
Ich liege in dem Bett
Unter dem Baum
Und halte
Meine bleichen Arme
Gegen das tiefe blaue Licht
Des Wintertages
Wieder denke ich:
Intuition
Als ein mir
Fremdgewordenes Gerüst
Das ein Gebäude stützt
Das ganz oben
In Rot und Gelb
Eine Leuchtschrift schmückt:
„EBEN“
Das L ist defekt.
Eben genau das ist es ja,
Sage ich
Und bewege mich
Unter einem meiner
Vielen Vorwände
Zurück durch die Wand
Die auch ein Wald sein könnte
Ein Tunnel
Ein Augenblick
Durch einen Riss in der Nationalflagge
Durch ein schwarzes Loch
In mich zurück
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Und ein wiederentdeckter Song einer wiederentdeckten Band passt hier auch ganz gut rein:
LiebeLiebeLiebeHassLiebe,
TV.
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