Direkt zum Hauptbereich

Attribute unter Planen/Sterben im Wald

Was bedeutet es nur, wenn die Art, wie ich auf der Straße stehe oder meine Aussagen gehäuft mit dem Attribut "süß" versehen werden? Dass ich ein anderer bin als ich zu glauben scheine? Dass ich mich, obwohl ich immer glaube, total stumpf zu sein, weicher verhalte als erwartet, weil ich keine Ahnung habe? Oder weil ich einfach total gut darin bin, Leuten etwas vorzumachen? Oder bin ich einfach süss, weil ich viel Süßes esse?

Die Welt ist kein Schwarz/Weiss-Film. Leider. Denn zumindest, dass was ich bisher von einem großen Schwarz/Weiss-Filmemacher sah, fand ich sehr gut. Er heisst Antonioni. Und ich sah von ihm den Film "La Notte", auf deutsch: Die Nacht. 



Ein klassischer Beziehungsfilm aus männlicher Sicht. Schon allein dadurch, dass er eben schwarz/weiss ist. Die erkaltende Beziehung eines Ehepaars, sie Angehörige einer reichen Familie, er mehr oder weniger erfolgreicher Autor. Beide reden kaum, scheinen auseinander zu gehen. Sie besuchen einen sterbenden gemeinsamen Freund im Krankenhaus und gehen danach auf die Party eines Gönners des Mannes. Zwischendurch liegt er auf einem Canapé, während sie durch die Straßen von Milano streunt. Später besuchen sie gemeinsam, das Viertel in dem sie sich kennenlernten und schauen Jungs zu, die Raketen in den Himmel schiessen.

Auf der Feier gibt sich der Mann dem offensichtlichen hin, bandelt mit einer jungen Dame an, während die Frau vorerst durch das Haus und über das weiträumige Gelände wandelt und kaum mit jemandem spricht (hochgradig identifizierend für mich). Später nutzt sie den aufkommenden Regenguss, um sich von einem Charmeur, in seinem Sportwagen mitzunehmen zu lassen.

Ich glaube sie küssen sich, es ist ein Springbrunnen zu sehen, dann aber sagt sie den Satz: "Mi scusi, non posso!" - "Es tut mir leid, ich kann nicht." Sie kehrt zurück zur Party, trifft auf die oben erwähnte junge Dame (die Tochter des Gönners) und ihren Mann. Draußen spielt im Morgengrau die Jazzband für die letzten Gäste und das Ehepaar schweift langsam über die Wiesen, die die Villa umgeben. 

Sie setzen sich auf eine Anhöhe und nach dem sie ihm mitteilt, dass ihr gemeinsamer Freund gestorben ist und wie viel sie ihm bedeutet hat und dass er (der tote Freund) die Möglichkeit hatte sie zu "haben" liest sie ihm einen sehr sehr guten Liebesbrief vor. Er schaut ergriffen und fragt sie, von wem dieser sei. Und sie sagt: "Von dir." 

Das traf mich wie ein Schlag.

Was macht er? Er scheint beschämt, aber auch erregt, von der geistigen Entfernung die zwischen seiner Frau und ihm entstanden ist und küsst sie bevor sie sich niederlassen unter einer kleinen Gruppe Birken. 

Haben sie sich also wiedergefunden durch den Tod ihres Freundes, durch das Auseinander-Gehen?
Funktioniert Begehren und Leidenschaft nur in Kombination mit Abstoßung? Gehen Menschen auseinander, um die Möglichkeit zu haben, sich wieder zu begegnen?

Als Gegenentwurf möchte ich noch kurz auf den Film "VHS" hinweisen (Insta-Follower habe ich schon mit einem Clip belästigt). Beide Teile sind die bisher besten Horrorfilme, die ich seit langem sah. Found-Footage-Style, Besessene, Psychopathen, Quälereien.



Beim begeisterten Anschauen, wurde ich mir eines Phänomens bewusst, dass, nicht nur bei VHS, häufig in modernen Horrorfilmen auftritt: Eine anfänglich positive Gruppen-Situation, häufig mindestens leicht sexuell konotiert, wird von einen Moment auf den anderen blutig und extrem grausam. Was sagt mir das? 

Ist es eine Reaktion auf die Grausamkeiten in der Welt und das Bewusstsein darüber, dass alles jederzeit vorbei sein kann (ich verweise auf den Schock durch 9/11)? Die Verdeutlichung, dass das Böse immer bereit ist, schöne Momente zu vernichten? Dass es auf Parties gefährlich ist? 

Dass die Regisseure unsere größte Angst antriggern, die noch so kleinen aber hart erarbeiteten Glücksmomente in unseren Leben durch eine höhere Macht zu verlieren?

Fördern Horrorfilme Hörigkeit?

Heute stelle ich mir viele Fragen.

Süß, oder?

TV.







Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Dior Straits / At the gates

Als Soundtrack zu diesem Eintrag abspielbar: Im Traum alles voller Verlustängste: Naheste Menschen aus verschiedenen Zeiten vermischen sich zu einer Person und sind nicht erreichbar für mich. Typischerweise am Telefon. Rufton, Automatische Mailbox. So oft anrufen, bis die Mailboxstimme vertraut wird und die Vision entsteht, das sei die zu erreichende Person. Herumirren in einem schmalen Zimmer und immer wieder zwei Bettdecken aufschütteln von denen eine blaugelb gemustert ist und gar nicht mir gehört sondern aus einer WG stammt, die doch gar nicht in der Stadt ist. Wurde ich verstoßen und in der Fremde aufgenommen?  Ich rede mit den WGlern, dass ich die Flure und Wände gar nicht so dunkel getüncht und unrenoviert in Erinnerung habe, es aber mag. Das Haus sieht von außen nämlich ganz anders aus. Hell und neu mit ganz geraden Fensterfronten und elektrisch verstellbaren Sonnenschutzrollos außen dran. Die WGler wirken peinlich berührt und meinen, es gäbe hier gar keine dunklen Flure. Es sc

Garaus/Windrinde

Ein Wildschwein rennt durch die Straßen. Es hat auf seinem Rücken langes Fell, dass mindestens genauso hoch wie es selbst nach oben aufgestellt ist, eigentlich so aussieht, als sei es geföhnt und an den Kanten ganz sauber geschoren und in die Form eines Quaders gebracht. Das Schwein wird von Hunden gejagt und der Fellquader auf seinem Rücken verwandelt sich in einen weiteren Hund. Die Menschen dort greifen nicht ein. Ich bemerke, dass ich meine eigene Hand halte. Ich bin nicht verängstigt, versoffen oder verzweifelt, erinnere mich aber an Momente, in denen ich in solchen Zuständen erwachte und mir selbst versuchte durch sanftes reiben der Oberarme Halt zu geben, mir selbst die Hand hielt, um nicht allein zu sein mit der Übelkeit und den pergamentenen Zuständen, in denen sich Körper und Geist nach Feierein befinden.  Aber schon Baron Münchausen wusste, dass er sich und sein Pferd nicht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen konnte und auch ich bin mir klar, dass mein Mir-Selbst-Die-

Abag/Zetapak

Was für ein Tod wäre das gewesen: Pseudo-Rebell-Rocker überfahren von einem Sixpack - ich wollte eine Straße mit dem Fahrrad queren, die ich mindestens drei mal in der Woche vor mir habe. Seit einem Unfall ohne Verletzungen, aber mit erheblichem Sachschaden und Schock meinerseits, weil der Besitzer, des zerstörten Fahrzeugs (Unterboden pfutsch oder futsch?) zu mir meinte, "Ich solle nach Russland abhauen oder mir gleich einen Strick nehmen." , schaue ich lieber zweimal nach rechts und links und warte, bis die Autos vorbeigezogen sind, auch wenn sie noch ein gutes Stück von der Position entfernt sind, an der ich am Rand der Straße warte.  So stand ich auch diesmal wartend auf die sehr kurze Grünphase der Ampel an besagter Straße. Diese Phase ist so kurz, dass man es gerade mit dem Fahrrad herüber schafft, bevor das grüne Männchen wieder rot wird. Früher regte ich mich darüber auf, aber inzwischen gehe ich entspannter damit um, denn es ist eine sogenannte Bedarfsampel, dass b