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Die Nachtgewesenen

So!

Ich war gestern schlichtweg nicht motiviert, etwas zu schreiben. Findet die Leserschaft die zurzeit auftretenden Unregelmäßigkeiten meiner Bloggierung eigentlich ärgerlich oder fügt sie sich ins allgemeine Chaos ein, so wie ein Stück Schafsmilchseife im Badewasser zergeht?

Oh ja, ich hab Bäder genommen. Die ersten dieses Jahr und dann gleich 2 innerhalb von 3 Tagen. Dadurch ging es mir gleich ein bisschen besser und jetzt? Cthulhu ist angekommen. In einem schwarzen Truck, korrigiere: in einem dunkelgrauen Truck. Es geht drunter und drüber in den Schädeln, in den Ländern und mich rüttelt das alles sehr auf und ich versuche, die Schutzmechanismen zu erkennen, die mein Hirn und mein Körper aktivieren. 

Da wäre a) das Kranksein und Tresensport und b) die Informationsverarbeitung und das Anwerfen meines Assoziationsapparats. Die Informationen des gestrigen Abends, es gab einen gewaltsamen Vorfall auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin, bei dem mehrere Menschen starben, prasselten auf mich ein und ich wusste: das passiert gerade. Aber ich bemerke, etwas in mir, lässt mich Abstand nehmen. Der Schock? Aber ich war auch geschockt als Trump gewählt wurde und er und Kanye letztens aus seinem goldenen Fahrstuhl stiegen, nachdem sie sich über das Leben unterhalten hatten. 

Assoziationsmaschine: ein goldener Fahrstuhl, ein schwarzer Sattelschlepper. Ich speichere die aesthetischen Informationen ab, die mir poetisch erscheinen. Verdränge ich den Schrecken und die wirkliche Auseinandersetzung damit, dass ich mich in die Schöngeistigkeit rette und hinter schweren Gardinen zu 187 und Bowie meine Hüften schwinge, während mich zarte Menschen bitten, ihnen diesen Tanz beizubringen? 

Verdränge ich den Schrecken, in dem ich in der Nacht lebe, den Tag fürchte und einer der titelgebenden "Nachtgewesenen" bin? Einer von denen, die atmend durch die Nacht, den Tag verbieten wollen, weil dort alles ZUTAGE kommt, was des Nachts IM DUNKELN liegt. Weil ich einer von denen bin, die das nicht ertragen? 

Ich denke auch an Aleppo und die Aleppo-Oliven-Seife, die in einem Geschäft in Halle angeboten wurde. Und schon wieder: Assoziation, meine Rettungsweste. Was ist das für eine Seife? Ist sie dafür gemacht, dass wir uns die Schuld des Nichtstuns abwaschen können? Ist sie dafür gemacht, den Staub aus den Gesichtern und von den Körpern der Bewohner zu waschen und geht das mit dieser Seife besonders gut? Sollen wir das machen? Warum rede ich von wir? Soll ich das machen? Soll ich eine Stadtführung durch Aleppo mit machen? Warum taucht das Wort Seife so oft auf in diesem Text? Ich habe eine Ahnung. 

Eine Stadtführung durch A. kann ich auch machen, ohne dort hin zu gehen. Es gibt ein 360 Grad Video, dass jemand gemacht hat. Er bewegt sich durch eine vollkommen zerstörte mittelgroße Straße. Die Gebäude sind eingestürzt und geben den Blick auf von Staub überzogenen Wohnräumen frei. Überall Schutt und Staub. Die Technik ermöglicht mir, mit einem Wisch über mein Smartphone in alle Richtungen zu blicken, also nach Vorn, Links, Rechts, Oben, Unten. Ich lasse den Blick drehen und ende im Himmel. Der ist blau und winterlich. Gar nicht so südlich, wie ich annahm, dass er ist in Syrien. Kalt und Blau. Im Hintergrund, beim Blick zurück taucht in der Straßenschlucht immer wieder eine schwarz-bemantelte Gestalt auf, die den Filmenden zu verfolgen scheint. Wer ist dieser Man in a long black coat? 

Und schon wieder und immer wieder: ich setze die Brille des Poeten und Schöngeistes auf, anstatt zu realisieren, was dort geschah und geschehen lassen wurde.

Check it HIER.

Manchmal frage ich mich, ob hier jemand Antworten von mir verlangt. Oder ob ich der Kanal bin, auf dem Emotionen definiert werden und unscharf artikuliert werden, eben weil es Emotionen sind und keine Klingen. Und dann redet jemand auf mich ein, ich solle arroganter sein, mein Ding durchziehen und meine Band hieße doch bestimmt sowas wie: "Abriss" oder so. Und ich meine: "Hey, du kennst mich doch gar nicht." Und es wird erwiedert: "Oh doch! Solche wie dich, erkenne ich sofort. Mach dein Ding und wehe nicht. Dann komm ich hinter dir her und hau dir auf die Fresse."

Was für eine Welt.
Ja, was denn für eine?
Die, in der ich lebe.
Ich, als Beispiel eines Menschen.
Die Welt, wie ich sie sehe.




Jetzt ist mein rechtes Bein bis zum Oberschenkel eingeschlafen, weil ich das hier runtergerattert habe, in schräg-sitzender Position und Krampf. Ich erhebe mich jetzt zum Bluterweckungstanz und wünsche allen:

Bleibt gerade, bleibt stark.

Kein Frieden.

TV.

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