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Blame it on Bremen

Es war am gestrigen Sonntag, ich saß in einem Südlandflair-Restaurant in Bremen und nahm mich selbst ins Verhör, als da plötzlich "Blame it on the Boogie" von den Jackson 5 lief. In unterhalb von moderat Lautstärke flogen diese blue-moon-Satzgesänge an mein Ohr. Die mich wie immer, denn ich heiße ja, Früher War Alles Besser - Ihr Seid Das Volk Aber Ich Bin Völker-Timm Völker, an frühere Momente meines Lebens erinnerten. Wie sollte es mich auch an die Zukunft erinnern, hä? 

Im Hühnermanhattan in Halle/Saale wackelte ich schon dazu rum. Da war das noch in dem Eckhaus am Steintor, wo einst irgendwer nen Stein in das Schaufenster von dem Bestattungsladen nebenan warf. Um Särge zu klauen oder Urnen oder Grabgestecke oder Tischdecken? 

Und ich warf da mal einen Pump, der eine Minute vorher noch Queen Cs Fuß schmückte, sehr hoch in die Luft, landete dann präzis auf dem Kopf eines angetrunkenen Punks, der mir sogleich auf's Maul geben wollte. In der Zeit wurde ich auch des öfteren von erwähnter Q.C. souverän auf dem Gepäckträger ihres grünen Diamant-Rades nach Hause chauffiert. 

Doch das alles ist lang her. Und nicht mal wrapped in plastic. Sondern lediglich in meinem madigen Kopf und weit genug weg, dass ich weiß, ich bin älter als damals. 

Das merke ich auch daran, dass ich solche Sachen mache, wie: auf Zucker verzichten. Also alles was mit jeglicher Form von Zucker und Süßigkeit zu tun hat. Ich tue das in erster Linie, um zu schauen, ob ich es kann, in zweiter Linie für mein äußeres und inneres Wohlbefinden. Und damit auch für meine Leser. Die sich gerne von mir die Augen lasern lassen können. Denn ich kann das. Also ich würde ausprobieren, ob ich es kann. Weil ich es kann. Lasern und lasern lassen.

Am Dienstag spiele ich mit 206 in Hannover. Auf der Bühne der internationalen Partnerstädte im Rahmen der Fète de la Musique. 17Uhr, direkt neben dem Bahnhof. Als wir das letzte mal in so einer "Stadtfest-Athmosphäre" spielten, war dies in, ja tatsächlich, in Bremen, in einer Art Zirkuszelt. Die Leute waren desinteressiert bis verwirrt. 

Auf dem Weg zum Konzert trug ich meine erste Hot-Pant. Heute sind mir meine Jeans zu schade um sie abzuschneiden (Alter, Vernunft). Und auch nur im Privaten trage ich seit kurzem eine Sporthose aus Polyester mit Baumwollfutter. Im Rahmen der Fahrt nach Hannover werde ich auch eine Flasche gefüllt mit Luft an einen abgesandten der Stadt überreichen. Ich gebe meine Luft in die Hände einer anderen.

Was geht sonst? Tschechow und Oscar hauen mir aus dem Rucksack auf den Rücken auf meinem Weg durch's Textgebirge und ich halte mich mit Auskünften über Musik nach wie vor bedeckt. Den n von Michael Jackson lernen wir: bedecke deine Kinder mit Decken, um ihre knospende Zartheit vor den gierigen Augen, der Welt zu schützen, so lang, bis sie ihre Beine und Gedanken selbst bewegen können.

Und dann kam die Kellnerin an den Tisch und fragte mich: "Darf ich ihnen den Zucker nehmen?" Ich antwortete: "Selbstverständlich!" Hatte mir aber, ohne dass es jemand bemerkte bereits eine mittelgroße Prise in den Tee gekippt. Der übrigens sehr wohlschmeckend war. Es gibt immer Wege und Tricks die Entbehrungen zu umgehen. Selbst die eigenen. Und wenn der Preis dafür ist, nach Bremen zu fahren.

Denn: Ohne Zucker ist das Leben nicht so lecker.

TV.

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