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Hoppers&Knanuta

Wer kennt es? Das Gefühl ein Produkt aus der Kindheit in den Händen zu halten und festzustellen, dass es viel kleiner ist als in der Erinnerung. Und wer denkt sich dann: Moment mal, bin ich gewachsen oder haben die Ökonomen in ihren Laboren unter Halogenlampen auf silberfleckigen und leicht angestumpften Krawattennadeln kauend errechnet, dass, sagen wir mal, die Größe eines Hanuta, bei nahezu gleichbleibendem Design der Verpackung, so reduziert werden kann, dass der Konsument es nicht merkt, aber der Gewinn durch weniger Materialeinsatz steigerbar ist? 

Und haben sie dann, als sie ganz verzückt davon waren, dass es tatsächlich funktioniert, die Grenze überschritten (nichts gegen Grenzüberschreitungen) so dass der Verbraucher auf einmal doch mit dem Hanuta in der Hand da stand und das jetzige mit dem aus seiner Kindheit verglich und ins Zweifeln geriet? Ist das so? 

Ich stellte mir diese Fragen und werde jetzt hoffentlich nicht als paranoid dargestellt sondern erhalte bestätigenden Zuspruch und die Rufe: "Ja, du bist nicht allein. Auch mir ging es so, mit meinem Knoppers/Blechkuchenstück/Apfel." 

Wobei, die Äpfel werden immer größer und enthalten immer mehr Wasser. Was als Möglichkeit der Verbraucherverblendung oder auch VERARSCHE genau so funktioniert. 

Letztlich wird es so sein, dass die Grammzahl auf der Verpackung angegeben ist und es damit juristisch nichts zu klagen gibt. Weniger Produkt fürs gleiche Geld, bzw. mehr Geld für mehr Wasseranteil im Produkt. An sich habe ich gar nichts gegen Hanuta oder Knoppers. 

Als Kind fand ich Hanuta natürlich etwas karg, es war ja nur Waffel an Waffel und dazwischen dieser Brei aus Schokolade und Hülsenfruchtstücken. Okay, oben drauf war meistens noch ein Aufkleber von einem Mann in einem Tshirt auf Grünem Grund der lächelte, es gab verschiedenen Männer, aber sie trugen alle die gleichen Shirts. Aber richtig warm wurde ich mit Hanuta nie. 

Hingegen war Knoppers ein königliches Pausensnack-Gebäck-Dings. Denn es hatte 4 unterschiedliche Schichten: Waffel, undefinierte Knusperschicht, weisse Milchcremefüllung und unten nochmal schokoglasierter Knuspergrund. Letztlich beim Essen einfach vielfältiger als Hanuta. 

Wenn ich jetzt zwischen beiden Snacks (jeden in einer meiner Hände) abwägen müsste, fühle ich mich verklärt. Denn: Ich kann dem Hanuta jetzt mehr abgewinnen, bezeichne es als klassisch und auf das wichtigste reduziert. Ein simpler Designklassiker sozusagen. Erhaben über jeden Schnickschnack, den ein Knoppers zum Beispiel nötig hat, um meine Gunst gewinnen zu können. Ob das letztlich dazu führt, dass ich aus ideellen Gründen dem Hanuta den Vorzug gebe, glaube ich nicht. 

Letztlich sind beide nur Politiker mit den gleichen Interessen: mich mit Schokolade und Einfach-Zucker zur schnellen Energieumsetzung locken, um ihnen mein leicht-verdientes Geld dafür zu geben und den Apparat am laufen zu halten.

Den Apparat am Laufen halten oder auch zurück in den Apparat zu kehren, ist auch das Thema im Hai-Schocker "The Shallows". Eine junge gebildete weiße blonde Frau (WAR ES ANDERS zu erwarten?) bricht ihr Medizinstudium ab, befindet sich also in einer Sinn- oder auch Lebenskrise. Was tut sie also? Begibt sich an den mystischen Strand an dem ihre kürzlich verstorbene Mutter (in Rückblenden sehe ich sie, erst bildhübsch, dann ohne Haare und bleich in einer Krankenhausumgebung) sich aufhielt, als sie mit der Protagonistin schwanger war (Ich habe ihren Namen vergessen). 

Der Strand ist in Mexico, sie geht dort surfen und versucht so den Kopf frei zu kriegen...nach einer Weile und immer wieder eingeschobenen Unterwasseraufnahmen/Slow-Motion Surfeinstellungen von ihr und zwei obligatorischen Surfdudes, entdeckt sie einen übel zugerichteten Grauwal, der vor sich hinstirbt. 

Dann geht alles ganz schnell. Etwas zieht sie unter das Wasser, Blut, Geschrei, Schrei des Ärgers und sie rettet sich auf einen sehr kleinen Felsen. Dort weiteres Geschrei, rambo-gleiches selbstversorgen der Wunde am Oberschenkel (leicht bekleidet ist sie, WAR ES ANDERS zu erwarten?). 

Wie auch immer, es folgt Delirium, Gespräch mit einer ebenfalls vom Hai verletzten Möwe, die Surfdudes werden gefressen, sie nimmt ein Abschiedsvideo mit einer herumdümpelnden Go-Pro für ihre "Familie" auf und kämpft dann mit dem Hai. Der stirbt am Ende, sie überlebt und kehrt zurück ins System. 

Und genau deshalb ist der Film so verachtenswert interessant. Meiner Meinung nach, wird auf subtile Weise gezeigt, wie ein Individuum im Kapital- oder Sozialmarktwirtschaftlichen System mit Lebenskrisen umzugehen HAT, ja, HAT. 

Und zwar so: Befindest du dich in einer Krise, dann begib dich an einen Ort und setz dich Gefahren aus, die dich lehren zu Kämpfen und zu leiden und dir darüber bewusst zu werden, wie gnädig und wohlwollend das System (hier das Medizinstudium) dir gegenüber eingestellt ist. Denn wer durch ein Meer der Scheisse geschwommen ist, wird eine Luft voll Fürzen als nicht mehr ganz so schlimm wahrnehmen (ich bitte nicht um Verzeihung für meine vulgäre Sprache). 

Und wenn du wütend bist, auf das System, dass dir vorschreibt wie du sein hast und dem du eigentlich entkommen willst, dann bietet es sich doch an, diese an dem momentan leidverursachenden Objekt auszulassen. Hier in Mexico: der Hai, die Haiin. 

Am Ende bist du dann völlig erschöpft und glücklich (das Töten bringt dem Menschen Freude), dass du noch lebst, spuckst das Wasser aus, schüttelst dich und sagst dir: Das Leben ist ein Kampf und so sei es bis ans Ende aller Tage und wer stark ist gewinnt. Sogar gegen einen Hai und die inneren intuitiv richtigen Zweifel an der Falschheit der Leistungsgesellschaft. 

Lustigerweise erklärt die Protagonistin, uns, ihrer "Familie" in dem GoPro Video, dass der Hai einfach nur angepisst ist, weil sie in sein Futtergebiet eingedrungen ist (der Wal). Was noch weitere Interpretationsräume öffnet, die jetzt jeder selbst füllen kann. Am besten nicht mit stinkender Luft, es sei denn sie/er hat schon mal mit einem Hai gekämpft.



Man gewöhnt sich an nichts.
Man gönnt sich ja sonst alles.

In ehrwürdiger Vernachtung,

T.


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