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Gedanken einer Krokette die mit Armut kokettiert

Ich sang mal völlig naiv in einem Song: "Was bleibt mir anderes übrige, als mit meiner Armut anzugeben?". Der Song hieß "Goldjunge" und wenn ich heute, ein paar Monde später darüber sinniere, denke ich: Ja, es bleibt mir schon etwas anderes übrig, als damit anzugeben. Zum Beispiel: mich nach oben zu arbeiten oder nach oben zu bonden, James Bonden. 

Ich komme darauf, weil ich vor zwei Tagen mit zwei sehr netten und galant meine Scheuigkeit übersehenden Artgenossinnen über die Reste eines Flohmarkts schlenderte. Ich war recht benommen, da ich Antibiotikas auf einen nur mit einem Softbaked-Cookie-gefüllten Magen zu mir nahm, bevor es hinaus in die Kälte ging. 

Während ich also auf diesen Flohmarktresten rumstand, gekleidet in saubere Secondhand-Klamotten und die verschiedenen Menschen betrachtete, wie sie sich durch die Berge aus Kleidung, Büchern, in Heftern gesammelten Ausschnitten aus Jagdzeitschriften und Elektroresten wühlten, wurde mir klar: ich bin hier aus freien Stücken, weil ich die Möglichkeit habe, mich dem Wühlen hin zu geben. Andere, die dort wühlten, wirkten so, als ob sie es tun müssten, weil sie sich hier einkleiden und nach Bedürfnissen suchen. 

Sie müssen. Ich kann. Das ist der Unterschied zwischen Arm und Reich und plötzlich wusste ich, ich bin reich. Im Verhätltnis zu denen. Und hier hörte die Zwickmühle nicht auf, nein, sie drehte sich noch ein Stück weiter, angetrieben vom Wind der Gesellschaftszweifel und die Mühlsteine mühlten, nein, sie mahlten das Korn zu feinstem Mehl, des Typs: Ist es verwerflich, zwischen denen und mir zu unterscheiden, haben die vielleicht auch Spaß daran, hier evtl. ein Nugget zu finden? 

Oder, noch schlimmer und schon fast "Streets of London" mässig: Sie suchten nach Wärme doch fanden nur eine alte Stereoanlage, auf der noch eine Schallplatte mit dem Titel "Ein Platz an der Sonne" lag. Sozialromantik, du alte Kackfresse.

Wie sehr, bin ich Herr oder Dame über mein Urteilsvermögen? Geht es auch ohne? Rising Reissig sagt ja, das Urteil wird innerhalb von wenigen Sekunden gefällt. Und ich möge mich diesem Schicksal hingeben. So einfach werde ich mich aber nicht dieser menschlichen Eigenschaft unterwerfen. An anderen Menschlichkeiten finde ich langsam gefallen. 


Bevor jetzt aber das politische zu privat wird, weise ich an dieser Stelle noch einmal darauf hin, dass ich heute Abend mein TV-Debut habe. Ich singe einen Song von Peter Gabriel in Oliver Schwabes Doku "Lost in Music". Der Film handelt von Horst Königstein, einem Musikjournalisten der seit den 60er Jahren der BRD Jugend und auch inoffiziell den DDR-Girls 'n Boys Rock und Pop nahegebracht hat. Schaltet ein, seid dabei.



Freitag spiel ich Springsteen, Isaak und Münchener Freiheit im Tacoladen auf der Karl-Heine in Dirty Leipzig.

Bleibt reich.
Reich an Wärme und Unvernunft.

Timm.

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