Am Ende war nur ein umgekippter Becher Wein mein Vehikel, um mit meinem Gegenüber in Verbindung zu treten. Die rote Flüssigkeit bahnte sich langsam ihren Weg über dunkle Schieferfliesen und ich beobachtete sie dabei, wie sie sich dem Fuß des Anderen näherte und langsam unter den Schuh lief. Keine Reaktion. Ich glaube auch, weil ich nichts gesagt habe. Nur der rote Fluß von mir zum ihm. Er redete mit ihr. Für mich war es das dann auch, bin sowieso passiv aggressiv geworden und nachdem ich an das alte Gebäude gegenüber urinierte verließ ich mit meinem Begleiter den Ort des Geschehens in den dunklen Park. Besser so, sonst hätte ich wie früher nur angefangen in Ermangelung besserer Ideen, aber einem sinnlosen sozialen Drang folgend, herum zu sticheln, mich wichtig zu machen und mich am nächsten Tag dafür zu hassen.
Auf dem angenehm uneindeutigen Parkwegen schwappte der Wein aus unseren Pappbechern im Rhythmus unserer Schritte und lief über unsere Handgelenke. Irgendwann schmiss ich meinen Becher nach rechts auf die Straße, die wir inzwischen erreicht hatten. Vorher waren wir noch an einem gegerbten jugendlichen Paar vorbeigekommen, die an ihre Methbikes gelehnt, die Onkelz hörten. Ich sagte leise "Onkelz" im vorbeigehen und ich glaube sie hörten es noch. Soviel zum Thema "Interaktion mit Menschen".
Gerade einmal zwei Tage später streichelte ich eine Katze, die ich regelmäßig füttere. Seit neuestem ist sie sehr unruhig, kommt zu ihrem Napf, frisst kurz und wenn etwas menschliches vorbeiläuft, rennt sie sofort weg. Ich saß also neben ihr, schwarz gekleidet, wie sie und strich über ihr Fell und sagte, dass sie ruhig bleiben und fressen könne. Ich schaute dabei auf die Sonne hinter der Scheibe und wie sie unwiderlegbar schön ihre Strahlen durch die von den Bäumen fallenden Blätter schickte. Und da war ich ganz in diesem Moment, konnte, in Verpflichtung dieses Wesen beim Fressen zu betreuen, jegliche, teilweise absurde Art von Termindruck, die auf mir lastete spüren, in dem ich sie plötzlich als nicht mehr verpflichtend empfand.
So wie es eben ist: der Fokus verändert sich und erst dann kriegt man mit, wie man eigentlich durch die Zeit schreitet. Ich in diesem Falle irgendwie mit dem Kopf immer schon woanders, meistens voraus. Auf Dauer also nie im hier oder bei mir. Immer beschäftigt mit den Dingen die passieren sollen, aber dieser Zustand führt auf Dauer dazu, dass die Dinge nur noch dünn wie Papier sind, weil sie den Zustand des Vorausgedachten nicht überschreiten, Oberfläche bleiben. So also sehne ich mich nach Rückzug und probierte es mal wieder damit, ging allein am Fluss, der eigentlich ein Kanal ist, entlang. Der Wind, der unter die Kapuze fuhr, brachte meine Haare zum Zischen und das klang wie ein Miniatur-Muezzin, der direkt neben meinem Ohr sang. Ich kam vorbei an einer Bank, die dort schon ewig steht und begegnete doch wieder den Spuren der Menschen. Jemand hatte einen Kothaufen auf die Ecke der Bank gesetzt. Oder machen Tiere sowas? Eigentlich nicht.
Vielleicht war es ja ein Mensch, der den Drang spürte sich von allen Zwängen zu befreien und dies durch die öffentliche Hinterlassenschaft allen anderen mitzuteilen. Vielleicht war es auch bloß ein dummer Scherz. Die Weinspur vom Vorvortag, die ich als Verbindung nutzen wollte, war da längst schon wieder beseitigt (Ich schaute mit leichter Scham danach). Ob der Haufen noch da liegt, finde ich morgen heraus.
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