Es verwundert mich und es macht mich traurig: lasse ich den Blick schweifen, wenn er sich von gekühlten Kellerwänden oder überhitzten Dachgeschosses ablöst mit einem nassen Saug-Geräusch, nehme ich meine Umwelt war. War? Oder heißt es wahr? Ich glaube zweiteres, weil es um das Wahrnehmen, also für wirklich nehmen. Und nicht wie es einst war. Das passt auch ganz gut, da ich dazu neige, die Wahrheit nicht zu sehen. Ich belüge mich nicht, aber halte mich doch von ihr fern.
Hebe ich dann also den Blick in den beiden Städten in denen ich mich zuvorderst zur Zeit aufhalte, sehe ich nach Glück suchende Gesichter. Das Glück flüchtig ist, ließ ich ja schon öfter vom Stapler fallen, vom Gabelstapler fallen. Dennoch sind alle auf der Suche danach und ich beobachte, Frau und Mann findet es im Konsum jeglicher Art. Sei es von Schokolade, à la carte Speisen, Drogen, Sex oder Musik, Kleidung oder ganz einfach dem Kontakt zu anderen Menschen. Alles Varianten von Metadon statt Glück. Substitution, ja Substantiv-Sperrfeuer. Ich merke es ja selbst, funktioniert mal irgendwas nicht, greife ich in die Tasche, zähle mein Geld und geh mir was kaufen: flüssig, fest, aus Seide oder Vinyl.
Was mich nur wundert ist: warum habe ich so viele Jahre gebraucht, fest zu stellen, dass Konsum Genuss und Beruhigung verschafft? Ist es jetzt erst durchgesickert oder braucht man ein kleines Bäuchlein, um zu bemerken, dass man mittendrin in der Zufriedenheit des Konsums steckt? Meine Hose spannt, ich trage den Gürtel ein Loch weiter. Ich häng grad auf dem K-Wort fest.
Eine mögliche Antwort, die ich mir selbst an dieser Stelle geben möchte, wäre: ich halte Distanz zu den Menschen, nicht aus Abscheu, keinesfalls. Sie sind okay, aber ich bin mit mir selbst und meiner Musik beschäftigt und das macht mir zu schaffen aber verschafft mir auch Zufriedenheit und ich werde vom Konsumverlangen abgelenkt. Kann es aber gleichzeitig besser beobachten. Erst wird etwas erworben, dann wird es zur Schau gestellt. Erst vor ein paar Tagen im Bus, er hatte Verspätung, sagte jemand neben mir, es wäre schon wichtig, heute noch shoppen zu gehen. Ansonsten müsse das am nächsten Morgen geschehen.
Ich war verwundert und man merkte es mir hoffentlich nicht an. Bei der nächsten Pause, wechselte ich den Platz. Es war für uns beide gut. Diese Pause übrigens fand in Aschersleben statt. Die Fahrerin musste ihre staatlich verordnete Ruhepause einlegen. Und sie ließ ihre Schafe (Passagiere) an einem Penny Markt dem Bus entsteigen. Zuerst weigerte ich mich, ging dann aber doch hinein und besorgte Schokolade und Milchshake Vanille. Das hat gut geschmeckt, wäre aber nicht nötig gewesen. Oder doch? Ich hatte auch ein bisschen Durst, vor allem aber nichts zu tun und auch hier hilft K. Eine universell einsetzbare Handlung. Unvorstellbar genial erfunden vom anderen großen K, dem K-pitalismus.
Und wenn ich hier so wettere, kann ich auch gleich mal kund tun, dass ich mich nicht an den Protesten gegen den Vanille-Gipfel beteiligt habe. Mir liegt es nicht, in der Hitze herumzustehen und Leuten beim Schwitzen und Motzen zu zuschauen. Aber es hat sich ergeben, dass einer meiner Songs, durch die Ereignisse an Aktualität gewonnen hat. Wobei natürlich auch schon vorher Supermärkte gebrannt haben und überwacht wurde.
Der brennende Supermarkt, den ich zur Entstehungszeit des Ur-Textes imaginierte, lag damals noch auf einer Brachfläche, einem von mir geliebten Wasteland bei den Schienen, durch das ich schlich und wo ich herum lag und die Wolken betrachtete und mir klar wurde, dass das Weltall ziemlich groß und weit weg ist. So Gedanken, die einem eben im Kopf entstehen, wenn man in den blauen Himmel schaut, nach dem man sich heftig mit jemandem gestritten hat oder einem langweilig ist und man eben keine Möglichkeit des Konsums hat, weil kein Geld in der Tasche.
Dieser Supermarkt brannte also hinter den Gleisen in meiner Vorstellung und ich stellte mir das als schönes romantisches Bild vor. Menschen hörte ich dort nicht schreien, es war nur ein brennendes flaches Gebäude und davor rostrote Gleise und zwischen denen ein paar Glasscherben.
Das Gelände ist jetzt ein Park und in den Supermarkt gehe ich aus sentimentalen Gründen nicht mehr. Diese Gründe, so muss ich doch zugeben, sind allerdings vorgeschoben. Denn: obwohl der Supermarkt 5 Minuten mit dem Fahrrad weg ist, gehe ich nicht mehr hin, weil andere Supermärkte näher an meiner neuen Behausung gelegen sind.
Konsum macht es einem eben nicht leicht, ihm aus dem Weg zu gehen.
Was sinnvolles möchte ich auch noch mit in die Ferien geben:
3 Songs, die ich als meine Sommersongs bezeichnen möchte.
Guten Appetit:
TV.
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