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Pandemonia 28 - Tristessbrot gegen glasige Kugel

Kleine Geschichte aus der Instant-Karma-Real World heute zum Einstieg:

Mir passiert es leider nicht gerade selten, dass ich mir ein Brot beim Bäcker kaufe und nachdem ich  eine Weile davon zehrte, den sogenannten Kanten irgendwann vergesse. Meistens ist dieser Kanten dann auch dicker als eine reguläre Scheibe Brot. Man könnte ihn auch als ein Fünftel des Brotes bezeichnen, welches dann eingehüllt in sein Brotpapier ein tristes Dasein fristet bis ich es von höchstem schlechtem Gewissen geplagt in den Müll werfe, weil es zu hart zum Essen ist. Ich sage dann stets, mindestens im Geiste: "Brot für die Welt." Hallo Jesus!

Heute war es auch wieder soweit und nach einem Hinweis eines weisen Menschen in der letzten Woche, die Küche als Ort des Zusammenlebens sauber zu halten, zog ich dann auch den sehr gefüllten Müllsack samt meinem Rest-Laib aus dem Eimer und drehte in ein wenig ein, damit er verschlossen ist. Bei dieser recht schnellen Drehung um die eigene Achse dann, stieß das triste harte Brot gegen einen kugelrunden Lampenschirm, der ein ebenso trauriges und dazu noch staubiges Dasein im Flurgang der Speiseebene des Palazzos fristete. 

In Folge der Berührung zerbrach er in 14 Stücke und damit endete sein Leben. Hat das Brot in erlöst oder strafte es mich, dadurch dass ich die Scherben entfernen musste? Oder war es eine Prüfung meiner Sauberkeitspflicht? Ich werde es nie erfahren, denn Brot und Kugel liegen jetzt im Jenseits aka der Mülltonne. Die ja in unserer Hemisphäre bekannt dafür ist, dass sehr selten etwas aus ihr zurück kehrt. Zumindest nicht auf dem direkten Weg.

*

In der Traumwelt sah ich mal wieder einen Filmausschnitt. Einen Katastrophen-Film. Ein Ermittlungsteam befasste sich mit der Rekonstruktion eines Flugzeugabsturzes über einem sehr großen Waldgebiet, größtenteils Nadelgewächst. Das Passagier-Flugzeug (vermutlich Boeing 757) wurde aus irgendeinem Grund von einer göttlichen oder monströsen Kraft über den Bäumen in ca. 150 Metern Höhe in der Luft gehalten. Es war aber bereits zerbrochen in seine Einzelteile. Was auf eine Explosion in der Luft schließen lässt. 

Beim näheren Betrachten der Szenerie, auf einer Videoaufzeichnung oder via Überwachungskamera aus dem womöglich unzugänglichen Gebiet, sahen die Ermittler, geführt von einer blonden Frau (vergleiche hierzu die Agentin aus "Homeland" und die Kommisarin aus der "Der Pass"), dass manche Passagiere mit starken Brandwunden und teilweise fehlenden Gliedemaßen, blankes rotes Fleisch, Blut, Wundsekret, in ihren Sitzen verfangen in den Bruchstücken hingen und schrien. Nach und nach aber lösten die drei sichtbaren Passagiere sich aus den Gurten und Sitzen und ließen sich in Richtung Boden und damit in die Erlösung aus ihrem Leiden fallen.

*

Dann lag ich im Bett und neben meinem Bett stand eine unverkleidete Badewanne. Ich überlegte ob ich ein Bad nehmen solle, realisierte aber, dass es schon spät war und machte mich auf den Weg. Wohin, wusste ich nicht. Ich hatte meinen Rucksack aus der Schulzeit auf und ging eine innenstädtische Straße entlang. Die Gebäude trugen die Patina aus Abgas und Dreck, die für ehemalige DDR-Städte typisch ist. Graugrüne Fassaden, alte Ladengeschäfte mit staubigen Scheibe. Es war warm ein warmer Morgen unter einem blauen Himmel. 

Vor mir war der Fußweg sandig, da dort am Abwasser oder Versorgungsleitungen gebaut wurde. Über den Schacht im Boden führte eine kurze Holzbrücke mit Metallrahmen und Gitter und ich balancierte auf ihr entlang. Dabei bemerkte ich einen kleinen Gegenstand, der neben mir in den Schacht fiel. Als ich circa. 4 Meter entfernt war, sagte ein junger Bauarbeiter, bzw. Vermesser, dass das jetzt nicht wahr sein könnte. Und schaute mit einem Drei-Bein-Stativ in der Hand aus der Grube. Ich schaute zurück und er zeigte mir ein defektes Messgerät. 

Nach kurzem Zögern, ob ich weitergehen solle, wand ich mich um und sagte, es könnte sein, dass das gerade wegen mir herunter gefallen ist (die in Schwingung versetzte Brücke durch mein Tänzeln). Daraufhin kam noch ein weiterer, jüngerer Vermesser dazu, der erste war Schätzungsweise 19 und von eher sehniger Statur mit kurzen Haaren, die in manchen Momenten auch grün gefärbt waren (Vergleich hierzu Frank Ocean auf dem Cover seines Albums "Blond"). Mit ihm suchte ich ein kleines rotes Teil im sandigen Boden, dass ich dann auch fand und dem etwas älteren Vermesser entgegenhielt. Dann fiel es mir noch einmal aus der Hand und in den Sand, wo es vorerst verschwand, bis wir es nach einigem Wühlen wiederfanden. 

Die beiden waren sichtlich erbost, bzw ihrerseits in Sorge von einer übergeordneten Instanz Ärger für den Defekt zu bekommen, wobei nicht klar war, ob ich eine Schuld am Defekt der Messgerätes trage und wurden zudringlich, traten sehr nah an mich heran. Der größere von vorn, während der kleinere, etwas dickliche, von hinten am kleinen Fach meines Rucksacks nestelte und ein Druckbleistift herausangelte. Dies sei als Ausgleich zu dem von mir verursachten Schaden das mindeste, meinten beide. 

Ich drehte mich um und drückte mit einer Hand das Gesicht des kleinen zusammen und presste ihn gleichzeitig gegen eine Hauswand. Der ältere kam dazu und riss uns auseinander. Ich sah, dass er ein T-Shirt der Hydraulik-Service-Firma "Pirtek" trug, die ich durch meinen Vater kannte. Mein Druckbleistift trug den selben Schriftzug. Ich fragte ihm, woher er das T-Shirt habe und er meinte: "Man trägt eben, was man so findet."

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