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Pandemonia 90 - Ci Ka Deh

Wie kommt die Pinzette in das tote Geäst des Weins an der Hauswand? - falls sich jemand diese Frage stellt kann ich sie heute gern beantworten. Davor in Kürze noch eine Episode aus den Träumen der letzten Nacht: Ich war in einer von homosexuellen Männern frequentierten Bar. Ich war dort schon öfter. Saß an einem grünlich beleuchteten Tisch am Fenster. Als ein junger Mann auf mich zu kam und mich küssen wollte, lehnte ich höflich ab und er begann sich darüber aufzuregen, dass ich hier nicht rumsitzen soll, wenn ich nicht auch angemacht werden will. Ich sagte, ich möge einfach die Musik, die hier läuft. Im hinteren Bereich der Bar saßen zwei andere Männer, die ich von der Straße kannte und beobachteten das Streitgespräch mit verachtenden Blicken. Nun aber zur Frage der Pinzette. Üblicherweise befinden sich Pinzetten ja in Badnähe, wo man sie zum Entfernen von Haaren oder Splittern zu Hilfe nimmt. Oder im Modellbauwerkzeugkasten, wo sie beim Anbringen kleiner Teile und Details hilft. Deshalb stellt sich die Frage nicht ohne Grund, warum die P im Geäst an der Hauswand hängt. Es könnte sein, dass in einer der Wohnungen ein Mensch auf seiner Hose ein Tier entdeckt hat. Erst wurde vermutet, dass es eine Spinne war. Ein Unbehagen entstand. Der erste, zweite und dritte Versuch die vermeintliche Spinne mit einer Ausgabe der Essaysammlung "Die Welt als Supermarkt" von Michel Houellebecq von der Hose zu bekommen scheiterte. Dies führte dazu, dass der Mensch sich entschied die Hose in einer schnellen Bewegung auszuziehen. Die Hose lag nun auf dem Boden des Zimmers. Mit einem kräftigen Schlag mit dem Buch fiel das Tier dann ab, da es nur sechs Beine hatte, konnte es keine Spinne sein. Offensichtlich immer noch am Leben wurde nun ein Schuh zu Hilfe genommen, um es zu töten. Nach dem Schlag war es plötzlich verschwunden. Ich erinnere mich an einen Abend vor vielen Jahren, an dem mir selbiges einmal mit einer sehr großen Wolfsspinne im Raum geschah. Ich erblickte ihren durch eine Lampe vergrößerten Schatten an der Wand und sah sie auf dem Fußboden sitzen. Dann begann sie zu rennen und war weg. Einfach weg. Beruhigend war das nicht. Das Tier, welches, wie sich einige Denken können, in Zusammenhang mit der Pinzette steht, war nicht vollkommen verschwunden. Es saß auf einer Socke die neben der Hose lag. In dem Moment, dachte ich, denn ich war anwesend, das Tier sei tot und versuchte die Socke am geöffneten Fenster auszuschütteln. Bevor ich schüttelte betrachtete ich das Wesen und sah, dass es keine Spinne war, es hatte nämlich neben den 3 Beinpaaren auch noch Reste von Flügeln. Und dann bewegte es sich plötzlich wieder und meine Schüttelversuche wurden heftiger. Doch es wollte nicht von der Socke herab, statt dessen bewegte es sich extrem schnell über die Socke immer nach oben zu den Fingern meiner die Socke haltenden Hand. Ich legte die Socke ab und beschloss eine Pinzette aus dem Modellbauwerkzeugkasten zu Hilfe zu nehmen. Zurück bei der Socke auf dem Fensterbrett griff ich mit äußerster Vorsicht ein Bein des Tieres und war mir sicher, es jetzt einfach entfernen und dann fallen lassen zu können. Doch zu meinem Erstaunen hielt sich das ca. 5mm große sehr platte Insekt an der Socke fest. Ich bekam es nicht ab. Erst beim dritten sehr kräftigen Versuche, ich fürchtete ihm ein Bein auszureißen, löste es sich und kroch auf die Pinzette. Ich schüttelte nun die Pinzette, doch das Tier hielt sich hier eben so fest, wie zuvor am Textil. Zu allem Überfluss begann es nun auch wieder an der Pinzette nach oben und auf meine Finger zu zuklettern. Ich versuchte es an der Kante des metallenen Fensterbretts abzustreifen. Dabei entglitt mir die Pinzette und ich sah sie nach unten Fallen. Das Geräusch des Aufpralls blieb aus. Ich dachte für einen kurzen Moment daran, dass das hier alles gar nicht geschehen und ein Traum sein könnte. Denn auch als ich den Bereich des möglichen Aufschlagpunktes absuchte, fand ich die P nicht. Zum Fenster heraufblickend sah ich etwas, dass das Licht reflektierte im toten Wein an der Hauswand. Ich ging also nach oben und aus dem Fenster heraus sah ich die P, die sich einer Wäscheklammer gleich an einem Ast des Weins verklemmt hatte in circa 1,80 Entfernung unter mir. Ich ließ sie über Nacht dort. Am nächsten Morgen, nach den Barträumen lehnte ich mich so weit es ging aus dem Fenster und erreichte die Pinzette mit Hilfe eines alten Viehtreiberstocks. Sie fiel nach unten, ich hörte das Aufschlaggeräusch von Metall auf Stein und ging hinunter und las die Pinzette auf. Jedoch nicht, ohne zu genau zu schauen, ob das Tier noch auf der P saß. Dies tat es nicht.

Für jene die es interessiert, das fremdartige Tier war eine Hirschlaus. Eine blutsaugende Fliege, die ihre Flügel abwirft, wenn sie auf ihrem Wirt landet.

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