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Pandemonia 85 - Money

Nachdem mir Messer P im März dankenswerter Weise das Album "Dancehall Style" von Horace Andy nahegelegt hat und ich tief darin eintauchte, bevor ich es weglegte und vorgestern wieder auflegte, ging ich Besorgungen machen. Insbesondere das Lied "Money Money (Root of all evil)" brannte sich doch recht tief in meine Windungen ein und es gibt diverse Anlässe, die Refrainzeile zu singen: Am Geldautomaten, beim Geld zählen oder beim Griff in die (leeren) Taschen. Vor der Kaufhalle stand ein älterer desorientiert wirkenden Mann. 



Als ich mein Fahrrad anschloss kreuzten sich unsere Blicke für einen Moment und er interpretierte dies als ausreichende Symphatiebekundung um auf mich zu zu taumeln. Er blickte mich an und sagte: "Money". Ich verstand das Wort nicht recht und sagte: "Wie bitte?" und er wiederholte: "Money, money". Ich nickte und fasste in meine Tasche. Ich ertastete einen 10 Euro Schein, einen 5er und drei 20 Cent Münzen. Ich zog den 5 Euro schein heraus und gab ihn dem Mann. Er blickte mich, den Schein fest in den Fingern seiner geschwollenen und geröteten linken Hand und gab ein quiekendes Geräusch von sich, während er die Hand mehrmals an den Mund führte und den Geldschein küsste. Er sagte noch ein paar Mal "Money money" und schlich sich davon. Ich ging in die Kaufhalle und sang in mich hinein: "Root of all evil".

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