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Rebound & Backup & Rebound vom Rebound

Nachdem ich letzte Woche erfolgreich meinen Eintrag Nummer 100 in demotivierter Manier eintippte, glitt die Woche auf einer entbehrungsreichen Sommerrodelbahn dahin. Es begann damit, dass ich mir zwei Dokumentationen ansah. Die erste handelte von der Entwicklung der Darstellung des Satans in den vergangenen Jahrhunderten, bzw. im Christentum.

Dabei wurde deutlich, dass Lucifer, der am Anfang übrigens die Farbe blau für sich beanspruchte, nicht immer so ein Bad Guy war. Die Geschichte von seiner Verbannung aus dem Himmel kennt ihr ja. Der Knackpunkt aber war, dass die Kirchendudes damit begannen, Satan/Lucifer ein dämonischens, anmimalisches, grobes aussehen zu geben, um den ursprünglichen Religionen in den Ländern, die es zu bekehren galt, etwas böses anhaften zu lassen. Denn in diesen (Natur)Religionen gab es häufig Gottheiten, die in Aussehen und Habitus etwas tierisches oder grobes hatten. In der griechischen Mythologie zum Beispiel Pan (in der Grundschule spielte ich den Elfen Puck im Sommernachtstraum). 

Dies war aber nicht negativ konnotiert. Da nun aber die Christen und Christinnen keinen Gott neben ihrem Oberdude gelten lassen wollten, verbannten sie einfach mal all die Gottheiten der ursprünglichen Religionen in die Hölle. Und so entstand der Teufel, den wir heute kennen: mit Hörnern, Bart, Ziegenfuss, usw. Und so entstand auch Heavy Metal.

Die zweite Sendung beschäftigte sich mit praktizierter Dämonenaustreibung in der Schweiz. Ein netter Mann von der Heilsarmee besucht Menschen in ihren Reihenhäusern und vertreibt die bösen Geister aus den furchtbar eingerichteten Kinderzimmern. Warum kombiniert er seine Tätigkeit nicht gleich mit der eines Einrichtungsberaters?

Schlussendlich schaute ich mir alles an, machte Screenshots und suchte mir Abbildungen der erwähnten Bilder im Internet heraus und packte sie in meinen Sammelordner "Neuer Ordner 2", übrigens auch der Arbeitstitel von Album Nummer 2.

In einem Akt grenzenloser Aufbäumung ordnete ich dann die Teufelsdarstellungen auf einem A3 Blatt an, dazu kamen wahllos Bilder von John Lee Hooker, Gina-Lisa Lohfink, Nick Cave und mehreren Straftätern die sich Leitz-Ordner vors Gesicht halten. 

Farbig ausgedruckt legte ich dieses Blatt dann auf meinen Tisch und wollte es später ausschneiden und an meinen Wänden verteilen. Aber erstmal: hinlegen. So schlief ich dann also ein und erwachte mit dem Gesicht zur Wand gedreht. Beim Versuch mich umzudrehen, merkte ich, dass mir jemand mit einer Hand in den Nacken griff, ziemlich fest. Eine zweite Hand drückte auf Höhe der untersten Rückenwirbel gegen meine Rückseite. 

Ich war nicht in der Lage mich umzudrehen und spürte, dass das, was mir gerade geschieht, ziemlich real ist. So real, dass ich ziemliche Angst bekam. Nach circa 1 Minute war ich dann zurück in der realen Welt und ging ziemlich verstört meinen Tätigkeiten nach. Ich entdeckte beim Verlassen meiner Räumlichkeiten aber noch ein Zeichen an meiner Tür, dass mir vorher nie aufgefallen war: ein Quadrat mit einem X bzw. Kreuz in der Mitte. Geritzt in den Türrahmen.

War ich verflucht? Ich nahm es witzig und postete das Zeichen auf meinem Insta-Account (folgt mir ins Licht, wenn ihr wollt).

Am nächsten Tag war mein Fahrrad aus dem Hausflur entwendet worden. Ich ärgerte mich und war von da an gezwungen zu laufen. In der darauf folgenden Nacht brachte ich einen aus der Nase blutenden Mann in sein Zuhause, da er nicht ins Krankenhaus wollte. Ich gab ihm Eis in Küchenrolle. 

Am nächsten Morgen war meine Sonnenbrille verschwunden. Diese Sonnenbrille bedeutete mir sehr viel. Sehr sehr viel. Ich fröstelte kurz und dachte: wer treibt seinen Schabernack mit mir.

Es folgte der dritte Tag seit meiner Sukkubusbegegnung im Halbschlaf, er verlief ruhig. Ich bekam sogar einen neuen Rahmen von Rising Reissig gespendet. Danke! Zufrieden cornerte ich ein bisschen auf der Straße vor meiner Villa ab. Als ich mich zu einer kleinen Unterhaltung an einem Tresen niederließ, legte ich mein Telefon vor mich eben da hin. Zwei Minuten später war es weg.

Es wurde offensichtlich gestohlen. Ich lachte, denn ich freute mich zu früh. Und ich freute mich, über das unwiderrufliche Zeichen, dass Leipzig mit dieser beeindruckenden Form des Raubs Grossstadtniveau erreicht hat.

Inzwischen sind zwei 3 Tage ohne Vorfälle vergangen. Im Gegenteil: Ich hab mir ne Show der Schmutzigen Teenager reingezogen und wackelte ganz verzückt zu den Reimen und Beats. Checkt das aus. 

Ein Fahrrad hab ich auch gnadenvoll bekommen von oben erwähntem Reissig und grosszügig schraubte es mir Dr. Seltsam superfett zurecht. Als Sonnenschutz trag ich interimisch ein Exemplar meiner EX, dass ich noch im Schrank liegen hatte (Breathspit-Sven machte: Uuuuuuuuuuuuh!). 

Am Sonntag fuhr ich mit dem Bike ins Einkaufscenter auf der Wiese vor der Stadt und setzte mich auf den leeren Ikea Parkplatz. Genauer formuliert, setzte ich mich auf die vor dem Ikea ausgestellten Gartenmöbel und las "Der Fänger im Roggen". Einkaufscenter haben etwas apokalyptisches an sich an Sonntagen. Denn sie sind leer und wirken sinnlos.

In meiner Fantasie war das Einkaufscenter natürlich leer, weil es keine Menschen mehr gab. Ich empfehle jedem, der sich mal einsam fühlen will: fahr Sonntags ins Nova Eventis! (Was für ein Name.) Am besten mit dem Fahrrad über die Bundesstraße, wo getunte SUVs an Porsches vorbeirasen und ihren starken Fahrtwind ins Gesicht des Radlers blasen.

Ich saß dort also und wartete auf die Übergabe eines Smartphones. Hat dann auch super geklappt. Jetzt bin ich weiß und mit brauner Lederhülle unterwegs. Special K nannte mich direkt Edelfascho.

Ich konnte dann mein gestohlenes Telefon durch ein Backup wieder herstellen. Leider allerdings war das einzige Backup, dass ich hatte vom 25.1.2016. Ziemlich blöd. weil so eine große Menge an Notizen, die ich zu Büchern die ich las, frei assoziierend ins Phone tippte, weg waren.

Dafür hatte ich das merkwürdige Gefühl einer Zeitreise, da einige herzensnahe Konversationen wieder auftauchten, die ich schon fast vergessen hatte haben wollen (Plusquamperfekt?). Ich verbrachte dann einige Zeit damit, mir diese durchzulesen. Seufz...scroll...Seufz...groll...Seufz...hach...die Zeit vergeht. Das Herz klebt. Innen am Bathoryshirt.

Der Fluch jedenfalls scheint vorerst von mir abgefallen und ich starte schwitzend und nach vorn schauend in die neue Woche.

Hoffentlich.

TV.

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