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Freiberufler der Meere/Die Banan-Sagerinnen

Bisher habe ich mich nicht zu der an die Anfänge der Posts gesetzten Musik geäußert, weiß auch gar nicht, ob die Lesenden diese beachten, aber heute sage ich mal was dazu. Denn: Manchmal vergesse ich meine Einflüsse. Wie zum Beispiel den obigen Song, bzw. das dazugehörige Album. Wenn mich jemand fragt, wie es in mir aussieht, wie es in mir klingt, dann verweise ich hiermit auf diese schwedische Klangwelt. Es ist nicht so, dass es meine Idealwelt ist, aber in ihrer Detailiertheit, Zerrissenheit, Infantilität und ja, Traurigkeit entspricht sie mir sehr. Und ich würde gerne immer so singen wie Nina Persson.

Zurück zu den Regulären, den Träumen: 

Ich bin mal wieder morgens aufgewacht und habe "Uff" gesagt. Der Grund war ein Traum den ich kurz vor dem Erwachen hatte: Eine Bekannte, mit der mich verschiedene Zusammenarbeiten verbinden, saß neben mir in einem Dachzimmer auf einer Decke. Vor dem Fenster sah ich die Burg Giebichenstein in Flammen stehen. Es war ein verregneter Herbstspätnachmittag, diese Zeit, wo es schon fast dunkel ist und das Ende des Tages zäh herankriecht. Sie saß also auf der Decke in einem grünen T-Shirt und war den Tränen nahe. In abgehakten schweren Worten, unterbrochen von tiefen Atempausen, meinte sie, dass sie so viel tue, sich anstrenge und von mir kommt immer nur ein JA oder ein NEIN. Ich sei so kalt. Ich erschrak, schämte mich, wurde ganz hart und wollte sie in den Arm nehmen und sagen: "Es tut mir leid, so möchte ich nicht sein. Diese Umarmung soll zeigen, dass auch ich fühle." - aber noch im Traum traute ich mich nicht und blieb sitzen. Auf meinem Kissen und sagte nichts. Dann wachte ich auf. 

Und sagte "Uff" - war kurz davor die Person aus dem Traum zu kontaktieren, ließ aber auch dies bleiben, weil Träume ja meist eher mit dem Träumer selbst zu tun haben und die Personen darin symbolisch für eine Facette von dessen Selbstbild stehen. Und ging hinaus zum Dauerlauf. Eine andere Strecke, weil die Brücke immer noch repariert wird. Vorbei an alten Wohnorten, wo vergangene Verletzungen hausten, auch den Weg entlang an der alten Garage, wo ich mal auf den Schornstein kletterte und versuchte zu weinen, dann aber doch nur wütend wurde. Da wird immer mehr abgerissen und ich dachte, ich muss da bald nochmal hoch. Einfach so und nicht um Tränen zu suchen. 

Zwei Nächte vorher schrumpelten die Griffe eines roten Simson Mopeds unter meinen Händen zusammen, als ich es auf einer Landstraße bei Halle irgendwohin überführen sollte und ich dachte: "Warum nehmen alle Fahrzeuge schaden unter meiner Führung?" Die schwarzen Griffe liefen weiß an. Das stand vielleicht in Zusammenhang mit dem Sekundenkleber, den ich davor an meinen Fingern hatte, um etwas zu reparieren. Der Geruch erinnerte mich an die letzte Phase meiner Modellbauzeit, in der ich das Plastik der Panzer auch um Teile aus Metall ergänzte, um sie noch realistischer wirken zu lassen. Und nicht selten bildete der Kleber harte weiße Schichten auf meinen Fingerkuppen. 

Eine Nacht NACH der verfehlten Umarmung saß ich dann auf dem Beifahrersitz eines SUVs, meine Mutter am Steuer, auf der Rückbank meine Schwester. Wir waren schon länger unterwegs als meine Mutter vor der Eisenbahnbrücke am sogenannten Galgenberg in Halle beschleunigte und uns mitteilte, wir fahren jetzt zum Poker spiele, was wir noch nie vorher taten. Es ging also mit hoher Geschwindigkeit unter dieser Brücke durch, dann fast ins rötliche Porphyrgestein hinein, Linkskurve und plötzlich waren wir in einem Neubau-Wohnzimmer. Dort saßen zwei wohlbeleibte junge Frauen mit roten langen, strähnigen Haaren. Sie waren Schwestern und konnten die Zukunft vorraussagen. Das also meinte meine Mutter mit Poker. 

Wir zogen Karten aus einem Stapel und die beiden Schwestern, die eine ein wenig größer und älter, äußerten scheinbar gewichtige Dinge wie, "Ah ja, schon sehr gut" oder "Interessant"...dann fächerten sie die gezogenen Karten auf und drückten mittig unter dem Kartenfächer eine geschälte Banane senkrecht auf die grobe dunkelgraue Auslegware auf der wir alle saßen. Das untere Ende der Banane zermatschte dadurch, der Rest blieb aber stehen, eine phallische Anmutung, dachte ich. Aus dem entstehenden Brei formte die eine Schwester mit ihrem Finger dann einen matschigen Kreis, an dem sie auch leckte. Ich verließ den Raum, ging in die kleine Küchennische, Pressspanschränke mit hellem Plastikfurnier. Die jüngere der Schwestern folgte mir, wir standen uns in dem schmalen Gang sehr nah gegenüber und sie sprach mit schwacher Stimme zu mir: "Es ist so schwer mit ihr, ich leide so." 

Und da nahm ich sie einfach in den Arm, sie sackte kurz zusammen, verweilte entspannt in unserer Umarmung und ich spürte ihre Wärme, Erleichterung und Dankbarkeit und in mir eine Gefühl, etwas richtig gemacht und eine Bestimmung gefunden zu haben.

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