Direkt zum Hauptbereich

J. Werding (Cora): Traum vom Hamsterrad



Kennt jemand diesen Song nicht? 
Ist so ein achtziger-Ding: 

Traum vom Hamsterrad
Der die Hoffnung nahm 
Allein in einer fremden Kraft 
Allein im Hamsterrad

Ich versprach im letzten Eintrag noch etwas zu Hüten anzumerken: Wer hat eigentlich festgelegt, dass Hüte auf Männerköpfen in Kombination mit lockerer Casual Wear oder Bermudas la dolce vita vermittelt? Hunter S. Thompson? Ich kann dem nichts abgewinnen. Ist aber auch nicht so wichtig.

Ich sah ein Konzert mit Soundscape/Ambient Musik und fand grossen Gefallen daran. Der Klang der Künstler war mystisch, weit und klang nach Zukunft. Oder klang es nur nach Tom-Cruise-Krieg Der Welten und Ridley-Scott-Prometheus(fand ich nicht so übel, wie Wolfgang M. Schmitt jun. und viele Mitlglieder meines Umfelds)?

Mein Teilchenbeschleuniger setzte ein: Warum denke ich, dass diese Musik nach Weltraum klingt, nach Weite? Weil die Kultur es so lehrt? Ich war schließlich noch nie im Weltraum oder auf einem fremden Planeten. Als ich aus dem Fenster sah, während nun also diese epische Musik auf mich herniederkam, imaginierte ich einen riesigen Feuer und Sandsturm, der durch die pittoresk verfallenen Straßenzüge weht. Und dann landet ein Raumschiff. Der Schacht geht auf, es leuchtet und dann Crescendo. Ende. Das ist die eine Variante.
Die andere, die mir im Kopf rumschwirrte: Ist diese epische und auch nicht gerade unangesagte Musik, viel mehr der Klang unseres täglichen Lebens im Alter von 21 bis 34? Ich kam darauf, weil die Musiker hinter Laptops und Steuergeräten standen, bzw. sassen und die Bühnenperformance glich doch sehr, der die ausgeführt wird, wenn jemand Emails checkt oder andere Rechnerarbeit leistet. Und deshalb eben, könnte dieser düstere, weite Soundtrack, eben jener der Laptoparbeitergeneration sein. Nichts mit Weltraum und Weltfrieden. Nur das wärmende Licht eines Bildschirms und Abgabetermine. Dazu dröhnt der Sound, den ihr alle wollt(Zitat vom Doktor). Ich erfuhr dann aber, dass doch meistens Visuals zu solcher Musik gezeigt werden. Was aber vor Ort nicht ging. Hat Rock-Opa-Timm mal wieder was gelernt. 

Dieser Eintrag sollte eigentlich dem Ort meines liebsten Aufenthalts gewidmet sein. Ich nenne ihn Wasteland. Zu deutsch: Brachland. Früher liefen hier mal viele Bahngleise lang, jetzt nur noch wenige. Alte Lagerhallen werden von jungen Digital-Hall-Familien bewohnt. Weiter hinten wird's noch karger. Sträucher und Schutthalden. Die Halden verschwanden in letzter Zeit und wurden zu einem Erdwall, der den Zugang zum hinteren Bereich des Geländes versperrt, indem auch Teile des Republik Der Heiserkeit Videos gedreht wurden. Jetzt habe ich rausgefunden, dass der Erdwall eine Ersatzbrücke, für die dahinter befindliche Stahlbrücke werden wird. Ich gehe und stehe dort sehr oft rum und imaginiere mir mein Stück unstädtische Weite, wobei natürlich in jeder Himmelsrichtung Häuser den Horizont zieren. Nur auf dem Boden liegend, starrend in den Himmel geht es. Blauer Weltraum, ab und zu ein DHL Flugzeug oder ne Drohne. 

Aber dafür ist es jetzt zu kalt.


Noch zu erwähnen: Wolfgang Welt. Bochumer Journalist und Autobiographieromanschreiber. Liest auch ebenda am 10.11.2014. Reite weiter (im Hamsterrad???), Timm.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

#412 Atemschrei

Seit 10 Jahren kehrte er das Treppenhaus eines Buchlagers. Ein alter Plattenbau mit Stufen aus glattem Beton und definierten Winkeln und Kanten. Nicht wie die ausgetretenen Holzstufen im Nebengebäude der Tierpathologie, in der er vorher angestellt war. Den Dreck dort aus den Rissen und Fugen herauszubekommen, dauerte Stunden. Aber hier auf dem Beton fühlte es sich an wie ein Tanz, wenn er den Besen in sanften Wellen über den Boden schwang. Auf dem Weg dort hin und zurück kam er jeden Tag an einem kleinen Geschäft vorbei. Lange Zeit war es ein Imbiss, betrieben von einer Frau und einem Mann, die Filterkaffee, Cola in Dosen und zwei Sorten Flaschenbier verkauften. Dazu ganz akzeptable Pommes aus einer in die Jahre gekommen kleinen Fritteuse.  Als er sich entschloss, mit den beiden einmal mehr Worte zu wechseln, als "Eine Cola, bitte."   - "1,20" und "Stimmt so." teilte ihm die Frau mit, dass sie in zwei Wochen endgültig schließen - Rente. Beide hatten bis z...

#411 Lachwald

Die nassen Blätter der Bäume im Wald hängen tief, so tief, dass sich Silvio entscheidet, den Arm zu strecken und sie zu berühren. Eine Entscheidung bewusst treffen, sie in Signale umwandeln, die den Körper eine Handlung vollziehen lassen, geben ihm das Gefühl ein wenig Kontrolle über sein Leben zu haben. Er sieht den Menschen, die ihm entgegenkommen ins Gesicht. Er lächelt sie an. Irgendwann hat er damit aus einer Laune heraus angefangen und jetzt wird er diese Gewohnheit nicht mehr los. Früher, war er dafür bekannt, finster drein zu blicken. Wie oft sagten die Menschen zu ihm: "Lach doch mal." Aber es ist ja klar, dass "Lach doch mal" - das letzte ist, was einen dazu bringt, zu lachen, also wirklich zu lachen oder zu lächeln und nicht nur die Mundwinkel nach oben zu ziehen, bis die Zähne zu sehen sind und man aussieht wie ein perverser Clown.  Eigentlich, und daran erinnert sich Silvio immer wenn er lächelt, ist lachen nur ein evolutionäres Überbleibsel einer Verte...

#410 Bibelfliege

Steve sitzt an seinem Küchentisch. Der Tisch ist aus einem hellen Holz gefertigt, er hatte ihn gebraucht gekauft, einige dunkle Verfärbungen, dort wo schon vor ihm jahrelang Menschen ihre Arme abgelegt hatten. Erst beim Essen und später auch die Köpfe nach langen Trinknächten. Da sind auch Kerben, wo rohes Fleisch und Zwiebeln direkt auf dem Holz geschnitten wurden. Vielleicht sogar, so denkt er sich, hat auf diesem Tisch mal jemand Buchstaben aus einer Zeitung für einen Erpresserbrief mit dem Teppichmesser ausgeschnitten und dabei kleine Kerben hinterlassen.  Er fährt mit seiner Hand über den Tisch. Hinter ihm fällt flaches Sonnenlicht durch das Fenster. Die Blätter der beiden Bäume auf dem Hof verlieren langsam ihr Grün, aber der Wind ist noch nicht stark genug, sie von den Ästen zu reißen. Neben dem Tisch hängt ein Schrank, der zu der ebenfalls gebrauchten Einbauküche gehört, die Steve einer Frau abgekauft hat, die aus ihrer Stadtwohnung aufs Land zog. "Aus gesundheitlichen Gr...