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Zwanzigster Zwei Zwanzig


Donnerstag, 20.02.2020

Ich habe heute mal nicht morgens die Zeitungen gelesen. Und so bekam ich durch Mitteilung eines Mitmenschen mit, dass am Abend davorr ein Mensch 10 andere Menschen und dann sich selbst tötete. Er tat dies aus rechtsgerichteter verschwörungstheoriegefütterter Motivation. Das ist ein Vebrechen und es ist furchtbar für die Opfer, ihre Hinterbliebenen und alle Menschen.

Es wird gesagt, das Internet sei schuld. Weil es solchen Menschen Raum gibt, ihre Meinung frei zu entfalten, zu nähren. Ich frage mich, was muss passieren, damit ich meinen Alltag ändere? Ist es nicht schon soweit? Oder muss ich jetzt gerade das weiter machen, was ich tue? In meinem Fall Musik. T sagte am Telefon sinngemäß: Das wär's ja, dann hätten sie erreicht was sie wollten.
Sie, damit sind alle rechten Horden gemeint, die ihre Ordnung durchdrücken wollen. Ihr wisst wer gemeint ist. Ich habe keine Lust, ihre Namen, Abkürzungen und soweiter niederzuschreiben.

Ich mache weiter und stelle fest, da ich durch die Wand eine Karaokeverantaltung schallen höre, Musik ist auch heute, einen Tag nach dem Anschlag wieder eine Möglichkeit, die Menschen nutzen um zusammen zu finden.

Wie immer: so eine Tat und so ein Täter fällt nicht vom Himmel. Erst 3 Tage davor wurden 12 Männer festgesetzt unter dem Verdacht eine rechtsterroristische Vereininung zu sein. Ihr Ziel: mehrere zeitgleiche Anschläge auf Menschen mit Migrationshintergrund. Dadurch wollten sie Chaos stiften, Gegenanschläge provozieren und die Ordnung der Gesellschaft zu Fall bringen. Damit sie ihre eigene Ordnung herstellen können. Sollen ich jetzt dieses Land verlassen? Oder erst recht bleiben und zeigen, dass ich von hier bin und die Dinge tue, die ich tue. Zweiteres natürlich.

J sagte, die meisten „Rechten“ wollen gar nicht aussteigen oder sich bekehren lassen. Daraufhin dachte ich, klar, wenn jemand überzeugt davon ist, die richtige Sache zu tun und dass sie gut ist, wird er sich nicht davon abbringen lassen. Ich würde ja auch nicht aufhören Vegetarier zu sein, nur weil jemand sagt, das sei schlecht. Allerdings könnten die ausreichend starken Argumente mich umstimmen. Ist eine Waffe ein Argument? Ist das der Grund warum Menschen zu Gewalt als Mittel greifen? Oder weil sie keine Argumente haben für ihre Sache? Geht es überhaupt noch um Argumente? Damit meine ich, verstehen Menschen rationale Argumente überhaupt noch?

Ich tendiere dazu, Fragen zu stellen um den Ball der Gedanken rollend zu halten. Und auch, weil ich die Antwort auf die Frage, was jetzt zu tun ist, nicht kenne. Sie mir nicht einmal wirklich zu stellen wage. Weil auch ich vielleicht den Angriff als Mittel wählen würde. Was ja, siehe oben, genau das ist, was rechte Gruppen wollen. Den Bürgerkrieg.

Zwei Gedanken noch mal dazu, dass Land zu verlassen: Was bringt es mir, aus Gründen des Unbehagens, also Gründen die nicht mein Leben gefährden, dass Land verlassen zu wollen? Damit gebe ich denen Platz, die glauben sich ausbreiten zu können. Und was wird wohl passieren, wenn ich in einem anderen Land bin? Sie werden dorthin kommen und auch dort glauben, ihre Sache drehen zu können. Deshalb: lieber hier bleiben oder den Planeten ganz verlassen.

Und ein letztes noch zu Verschwörungstheorien: Ich habe mit 15 die Illuminatus-Bücher gelesen und war schon immer an Geheimbünden interessiert. Ich glaube auch daran, dass hinter allem andere Mächte stecken oder Dinge, die wir auf den ersten Blick nicht sofort erkennen. Nicht alles ist das was es zu sein scheint. Und es lohnt sich genauer hinzusehen.

Ich kann es auch, das Vordringen zu einem tieferen Kern nennen. Nur so kann ich mich befreien, kann damit spielen, rumspinnen. Das kenne ich von der Textarbeit, der Musik und wende das auch auf mein Leben an. Wobei die Sache mit der Handystrahlung und Gedankenkontrolle schon beängstigend ist. Denn: was haben wir täglich vor und mit uns? Die Händys und wer weiß, was hinter den LCD-Bildschirmen und Bildern noch über diese Geräte in unsere Köpfe gesendet wird. Jetzt bekomme ich Kopfschmerzen. Und habe auch andere Dinge zu tun.

Bleibt gerade

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