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Landhausstilnazikrankenhaus

Ich habe mir einen kleinen Schrank ergattert. Er ist leicht vergilbt und war mal weiß, schätze ich. Lady J sagte mir, dies sei der Landhausstil. Ich wiederum meinte, es handele sich um den Nachtschrank aus einem Weltkriegssanatorium oder Nazi-Krankenhaus. 

Der nächste Vorschlag eine Vase mit preisreduzierten roten Tulpen auf den Schrank zu stellen, verstärkte für mich den Nazi-Eindruck noch mehr. Daneben steht eine weiße Kanne gefüllt mit Pfefferminztee. Sie hat kleine goldene Verziehrungen am oberen Rand. 

Auf der linken Seite des Schrankes stehen zwei Nägel heraus. Die habe ich von innen eingeschlagen, um ein kleines Brett als Ablage anzubringen. Die Nägel waren die einzigen, die ich auf die Schnelle finden konnte. Sie waren zu lang, deshalb standen sie heraus und ich schlug sie um. 

Der Schrank, der Schrank. Ist mein Schrank. Ein Bild von mir. 

Ich habe vier Jahre das selbe Paar Schuhe getragen. Es waren Arbeitsschuhe aus Leder aus England. Keine Doktoren, sonderen Solovaren. Jetzt fällt mir gerade ein, dass ich die Schuhe bekommen habe, als meine letzte langjährige Beziehung anfing zu Ende zu gehen. Hat mich das „Solo“ im Namen der Schuhe schon darauf hingewiesen? 

Die Schuhe waren sehr gut und haben mich getragen durch die dunklen Täler waren aber auch dabei, als ich das Licht sah und sich in mir Liebe und Freude regte. Sie schützen meine Füße vor Schnee und Regen und auch unter Hitze hatte ich nie einen schweißigen Fuß. Das sie aus Leder waren, sagte ich schon. Sie waren schwarz und glänzend und ein bisschen zu groß. Ich kaufte sie gebraucht. 

Sie waren mir fast etwas zu gut in Schuss und so hielt ich ließ ich ein paar mal die linke und rechte Spitze über den Asphalt schleifen, als ich auf dem Fahrrad von A nach B fuhr. Die Linke wurde dann als erste grau und dann auch die Rechte und dann auch die Kanten, dort wo der Fuß rein geht, wo der Knöchel reibt. Blasen? Hatte ich auch nie. Die Sohle war sehr lange sehr stabil und säureresistent. Manchmal bin ich ausgerutscht, aber das lag eher an meinem Substanzzustand. 

Im letzten Winter bekam der linke Schuh dann ein Loch an der Spitze. Eine Spätfolge meiner Asphaltschleifaktion. Ich versuchte dann noch mit schwarzer Schuhcreme den Zustand zu verbessern, aber auch der Rechte litt und löste sich hinten an der Naht auf. 

Und deshalb hab ich mir jetzt ein neues Paar gekauft. Es ist fast das selbe. Wieder gebraucht, ne halbe Nummer größer, aber eigentlich ein bisschen besser sitzend. Und ein zweites Paar habe ich auch, ein richtig neues, mein erstes neues Paar Schuhe seit 7 Jahren. Bisschen exzentrisch. Mit Schnalle und Wildleder. 

Das alte Paar wegzuschmeißen schaffte ich noch nicht. Wie soll das auch gehen, wenn man so viel Zeit miteinander verbracht hat? Fliegt das dann einfach in den Müll? Ich erdachte mir ein Ritual und zog die Schnürsenkel des alten Paares in die neuen und somit einen Teil von ihnen weiter durch mein Leben zu tragen.

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