Was waren das für goldene Tage und warum fühlte ich mich von ihnen so ergriffen? Ist "ergriffen" der korrekte zeitgemäße Ausdruck? Es wird ja gesagt, solche Worte klingen etwas alt und auch weinerlich. Ich empfand das bisher nicht so, aber was empfand ich dann? Dosenpfand? Ich dachte, die leicht gehobene Sprache möge meine Arbeiteklassenherkunft verschleiern und mir Zutritt zu bis da hin verwehrten Salons und Kreisen gewähren, in denen ich dann für meine Arbeiterherkunft geschätzt werde. Wie ein possierlicher Hund. Also geschätzt für den Unterhaltungswert, den ich bieten kann. Und das alles nur, weil ich "ergriffen" schreibe. Das finden die Leute dann "lustig". Will ich so wahgenommen werden? Ich schreibe hier ja kaum reflektiert sonder eher von oben nach unten, was mir in den Sinn kommt und wenn da nichts kommt, schreib ich trotzdem drauf los. Vielleicht ist das aber ein völlig falscher Ansatz. Einfach so los zu schreiben. Zielführend ist es sicher nicht. Und wenn wir schon dabei sind, anhand eines einzelnen Wortes mein "Tun" in Frage zu stellen, übertrage ich das doch gleich mal auf mein musikalisches Schaffen. Da agiere ich zwar stetig, aber was genau ist denn da das Ziel? Teilt man Gedanken, teilt man eine gute Zeit? Bin ich Dienstleister der UnterhaltungsINDUSTRIE oder mache ich es aus ganz egoistischen Gründen, weil ich so meine Emotionen kanalsieren kann. Früher hätte ich gesagt, ich mach das für mich und nur für mich, aber inzwischen merke ich, dass die in meinem Händen liegende Verantwortung doch etwas mehr fasst als meinen eigenen Geistes- und Fleischeskörper. Das Publikum, welches Teil des populären Musikentwurfs ist, gilt es etwas zu zeigen. Damit meine ich nicht, dass es eine Show geboten bekommen muss, aber ich denke doch, das ich als Komponist die Zeit, die mir im öffentlichen Raum gegeben wird, so nutzen sollte, das alle etwas davon haben. Im besten Falle hören die Menschen ja zu und da sollte ich dann schon etwas erzählen...daran arbeite ich. Oder liegt das gar nicht in meinem Verantwortungsbereich? Was das Wort "ergriffen" schon wieder ausgelöst hat. Am Anfang wollte ich doch nur schreiben, dass mich der warme Herbst ergriffen hat, weil er die Vergänglichkeit bewusst macht. So meine spät-neu-romantische These. Ja, ich fühle mich der litarischen Strömung der Romantiker näher, als der modernen Schreibart, in der Emotionen auf eine distanziert kühle Art wiedergegeben werden. Sicherlich hat es literarisch fundierte Gründe, wenn Menschen so schreiben. es entsteht mehr Platz für die Gefühle des Lesers/Hörers, aber irgendwie liegt mir das nicht. Oder habe ich es nur noch nicht richtig probiert und stattdessen einfach nur geschrieben, wie ich will und wie es mir leicht fällt? Ist das wieder Teil meiner Faulheit? Wo hört Freiheit auf und wo fängt Faulheit an? Diese Fragen surren jetzt durch meinen Schädel. Und wie werde ich sie jetzt wieder los? Zum Beispiel in dem ich ein Konzert gebe. Am Donnerstag in Leipzig Schleußig. Kommt vorbei.
Mehr habe ich gerade nicht zu berichten.
Jetzt kommt die Sonne raus und macht mir Gewahr, dass auch ich vergänglich bin und das Erdenrund verlassen werde. Doch ich fürchte mich nicht und werde weiter den Weg entlang schreiten, der meine Bestimmung zu sein scheint. Ein felsiger Weg.
T.
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