Letztens fiel endlich mal jemandem auf, dass ich breite Schultern habe. Und ich konnte endlich meiner narzisstischen Neigung folgend zum Ausdruck bringen, dass die deshalb so breit sind, damit ich die Sorgen und die Schuld der Welt darauf tragen kann. Und das war soviel, dass ich letzte Woche nicht zum Schreiben kam.
Ich verbrachte meine Zeit unter anderem mit Warten, übte mich in Geduld und versuchte mich im "in den Tag gehen". Also zu schauen, was mir entgegen kommt und im Moment zu leben. Das führte dazu, dass ich hier und da half, an anderer Stelle herum saß und vor der wandernden gnadenlosen Sonne auf meinem Klappstuhl äquivalent zu ihrer Bahn dem Schattenbereich folgte.
Das "in den Tag gehen" endete damit, dass ich extrem aggressiv wurde und der Hass auf Menschen wuchs. Vielleicht war es kein Hass, sondern präziser eine Abneigung. Und ich frug mich zum millionsten Male:
Was mache ich hier?
Wie bin ich hier her gekommen?
Haben andere Spaß an so einem Leben?
Finden die das gut?
Es sollte mir egal sein. Aber wie so oft begebe ich mich dahin, wo ich nicht sein will, wo ich mich nicht einfügen will, nicht kann. Als einzige Möglichkeit der Abgrenzung?
Rising Reissig merkte an, dass es zu hinterfragen gilt, ob diese gesamte Individualität und das Streben nach eben jener kritisch zu hinterfragen sei. Denn letztlich und so erkannte ich es auch, dient die Indivdualisierung dazu, den Konsum zu erhöhen und 10 Singlehaushalte benötigen mehr Waren und Dienstleistungen als ein Kollektiv. Und warum sollten wir uns dadurch dem Kapital andienen? Weil es angenehmer ist, den eigenen Raum zu haben, als zu lernen permament zu teilen? Für eine gerechtere Welt?
Rising schoss dann den Vogel im Herzenskäfig meines ohnehin schon permanent gekränkten Persönchens damit ab, dass insbesondere Künstler sich die Frage stellen sollten, ob ihr Arbeiten nach Innen, denn überhaupt eine Relevanz hat, die weiter reicht, als bis an die Außengrenzen der oberen Hautschichten des eigenen Lederkörpers. Gute Frage. Nächste Frage bitte! Hier herrscht die Verdrängung.
Ich sah mich bisher immer als Filter meiner Umgebung, der Dinge, die ihn berühren durch sich hindurch laufen lässt und sie dann wiedergibt. Aber vielleicht ist das auch vollkommen sinnlos und ich sollte mich dem Kollektiv unterwerfen und statt Liedern, offene Formen der Musik wählen. Jams, repetitive Strukturen. KEIN GESANG. Der schränkt alles ein und indivudalisiert. Das führt dann alles in die Teigmusik - Musik, an der sich jeder bedienen, naschen und kneten kann, mindestens aber sanft die Hüften und Füße im Takt bewegen kann und damit wird dann gezeigt: Alles ist gut.
Wie ich diesen Ausdruck HASSE: "Alles gut. ALLES OKAY." So ein allgemeiner Floskel-Rundumschlag, der auch sehr gern verwendet wird, um ja keinen Zweifel oder Konflikt aufkommen zu lassen, wenn man gefragt wird, ob man etwas brauche oder die Situation in Ordnung ist.
Was mich daran ankotzt?
Das "ALLES" - wie kann alles okay oder alles gut sein?
Wenn ich zum Beispiel frage, ob die Musik zu laut ist, bekomme ich als Antwort: "Nein, alles gut". Damit bloß nicht der geringste Zweifel oder die Vermutung aufkommt, es könnte zu laut sein oder die antwortende Person könnte Unruhe ins soziale Gefüge bringen, gilt es zu nivelieren und "ALLES" als gut zu befinden.
Wenigstens hat mal jemand aus der Formulierung ein gutes Lied, bzw. sogar ein gutes Album gemacht:
Gute Idee, genial umgesetzt. So wird's gemacht.
Ich wiederum bin noch nicht soweit oder weit drüber, richtig hinüber und versuchte es damit, mal "In den Tag zu gehen". Wo ich dann wieder die Menschen sah, wie sie zusammenstanden und saßen und Glück ausstrahlten oder zumindest gut darin waren, so auszusehen. Und ich wollte dort nicht sein und blieb trotzdem. Als Extrakt kam dieser Text heraus. Mal wieder. Der ewige Kreis. Der ewige Scheiß - Nice.
T.
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