Ich bin verliebt oder paranoid. Der erste Teil dieser Vermutung wurde aufgrund meines Verhaltens und der Art meiner Blicke vor einer Woche an mich herangetragen, den zweiten addierte ich gerade beim Hören von Jimmy Dowds "Just Like A Dog". Da verhörte ich auch: Ich lache mein Fahrradkettenlächeln. Ich bin ein ganz normaler Män. Ich sehe den Frost, der sich so scharfkantig gibt und die Bäume und Zäune und Strommasten und Pflanzen eingekleidet hat. Eigentlich ist er ganz ganz zart, den bei der leichtesten Berührung schmilzt er und fährt ein Auto unter dem Baum vorbei, wird eine ganze Menge Frost durch den Fahrtwind mitgerissen. Ins Nichts.
So wie die Menschen in "Krieg der Welten" zu 9/11-Gedächtnisstaub zerfallen. Ihre Kleidung blieb komischerweise erhalten. Das was noch wiederverwendbar ist für unsere Konsum-Welt. Das wird jetzt alles noch viel besser, offensichtlicher.
Bevor ich jetzt wieder auf so eine Meta-Ebene-Springe, möchte ich diesen Eintrag einem weltlichen Thema widmen: DEM SCHNARCHEN. Ich habe einen recht niedrigen Schlaf, soll heissen, ich wache oft und schnell auf. Deshalb bin ich stets bemüht, sofern ich mir einen Schlafraum mit anderen Menschen teile, so schnell wie möglich ins Dreamland zu fahren. Was letztlich dazu führt, dass ich länger brauche, wie bei so VIELEM, wenn man zu viel denkt.
Wie auch immer, der Grund hierfür ist, dass ich Zeit meines Lebens wache Nächte verbrachte, Menschen zuzuhören, wie sie erst regelmässig, dann lauter Atmen, bis sie schliesslich anfangen zu röhren, zu sägen, zu krachen. Und dann liege ich da und höre ihnen zu, versuche dem Klang etwas regelmässiges abzugewinnen, denn ein rhythmisches oder regelmässiges Geräusch fördert den Schlaf eher als das es ihn stört. Meist aber ist das Schnarchen alles andere als regelmässig, sondern höchst a-rhytmisch - ich erlebte auch schon, dass ich den Sound-Aussender dem Erstickungstod nahe wähnte, bevor dann doch ein umso erschütternderes Krachen aus dem Rachen an mein Ohr und mein zu diesem Zeitpunkt bereits sehr poröses Nervensystem drang.
Im Endeffekt hätte ich natürlich in jedem dieser Fälle, zu der Person hingehen können, sie antippen und was sagen können. Denn Schnarchen macht ja keiner mit Absicht. Aber aus verschiedenen Gründen habe ich das bisher ganz ganz selten gemacht.
Zum Beispiel als mir als Kind die Rachenmandeln entfernt wurden, lag ich in meinem Krankenhausbett und hatte das blutige Narkose-Kater-Kotzen hinter mir und über mir einen weissen Sichelmond der auf mein Fensterplatzbett schien.
An der mir gegenüberliegenden Wand lag ein netter etwas älterer Junge. Ihm wurde irgendwas im Nasenraum zurecht gerichtet. Es ging wohl darum, dass er besser atmen könne und nicht mehr soviel schnarcht. So sagte er es zumindest, vor der ersten Nacht und seiner Operation. Und er war wirklich laut, aber ich blieb ruhig, war sowieso ziemlich unfähig zu sprechen und liess diese erste Nacht mit ihm über mich ergehen. Komischerweise waren die anderen 3 Jungs, die noch mit im Zimmer lagen dazu fähig einfach so wegzuschlafen.
Der nächste Tag verging, man brachte ihn, sediert, aber guter Dinge aus dem OP zurück in sein Bett. Ich aß mein Vanille-Eis und liess das pürierte Essen stehen, da es mir sowieso wieder aus der Nase rausgekommen wäre (eine ziemlich beknackte Erfahrung) und schaute zum dritten Mal hintereinander "Das letzte Einhorn", die einzige VHS-Kassette, die es dort gab.
Dann kam die Nacht, mir ging es schon etwas besser. Und nachdem der Junge langsam in den Schlaf glitt, ich bekam es mit, denn ich war noch wach, begann sein Schnarchen, schlimmer als je zuvor. Und ich drehte fast durch. Das war erzwungener Schlafentzug im Schlafanzug, hatte ich einen? Ich weiß gar nicht, ich hatte mal einen von dem Trickfilm hier:
Jedenfalls fiel ich aus dem Bett, nachdem ich eingeschlafen bin und einen Traum hatte, in dem Kinder in in einer Neo-Rauch-DDR-anmutenden Welt in Interkontinental-Raketen gepackt werden, um diese an ihr Ziel zu steuern (den hatte ich auch später noch ein- zweimal und war dadurch tagelang traumatisiert), war geschockt, ging zur Nachtschwester und verlangte nach Hilfe beim Einschlafen, welche verwehrt wurde und ging angesäuert und taumelnd zum Bett des Scharchers.
Ich rüttelte an ihm, lange, er erwachte und fragte mich was los sei. Ich machte eine Schnarchgrimasse und versuchte ihm irgendwie deutlich zu machen, dass er Laute von sich gibt, die mich daran hindern zu schlafen. Aber so richtig verstand er das nicht, was auch daran lag, dass ich nicht richtig in der Lage war zu sprechen.
In dieser Nacht lernte ich auf jeden Fall, dass es hilft, den Schnarcher zu wecken. Selbst wenn er nicht checkt, worum es geht und dann schleunigst die Augen zuzumachen und einzuschlafen. Später habe ich diese Technik verbessert und gelernt, durch geschickt geräuschvolles Umdrehen, den schnarchenden kurz zum Schweigen zu bringen.
Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, könnte ich mir selbst das "Nicht-Wecken" als ängstliche Haltung auslegen, aber ich glaube tatsächlich, dass ich Respekt vor dem Schlafenden habe und ihn nicht in seiner Ruhe und seinen Träumen stören möchte. Wobei, vielleicht hat er oder sie ja auch gerade den Traum und muss als Kind eine Inkontinenz-Interkontinental-Rakete steuern. Dann wiederum wäre mein Nicht-Eingreifen umso tragischer. Aber bisher erzählten die wenigsten von schlimmen Träumen. Liegt vielleicht auch an den Motiven der Schlafanzüge, die sie tragen.
Ich brauch definitv einen neuen Schlafanzug.
TV.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen