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To be: Not in the lake/Nicht in der Lage sein

Ich schwamm durch eine natürliche Hafenbucht, ein Hafenbecken. Das Wasser war dunkelblaugrau, der Himmel verregnet. Meine Geschwindigkeit war unnatürlich hoch, da ich Schiffsschrauben an meinen Füßen hatte. Bei der Durchquerung des Beckens (ich bewegte mich von einer Seite einer Stadt zur anderen, so in etwa von der guten auf die schlechte oder umgekehrt) sah ich die Rückenflossen mehrerer Haie die Wasseroberfläche durchschneiden. 

Es waren Weiße Haie. Neben den Schiffsschrauben hatte ich wohl auch noch ein Funkgerät eingebaut. War ich ein Schiff? In jedem Falle verkündete ich durch dieses Funkgerät, dass sich mehrere Weiße Haie im Hafen und Badebereich befinden. Später erkannte ich, dass zumindest einer der Haie ein Hammerhai war. Und ich schloss daraus, dass auch die anderen "nur" solche Haie waren. Hoffen wir mal, dass ich recht hatte. Als ich an Land ging, hatte ich nichts an.

Ich betrat eine Bar und saß gesenkten Hauptes am Tresen. Und dieses Mal zahlte sich das Sitzen mit gesenktem Haupt aus. Denn neben mir kaufte jemand eine einstellige Anzahl Getränke und zahlte. Nachdem die Person den Tresen in Richtung ihrer Gruppe verlassen hatte, wurde ich eines kleinen Haufen Papiers gewahr, der unter mir auf dem Boden des Etablissements lag. 

Ich senkte den Rest meines Körpers in Richtung meines Blickes und nahm das Papierhäufchen auf. Es waren Geldscheine. 2 Stück, zusammen 30 Euro. Ich überlegte kurz, ob ich den Löffel Instant-Karma-Soup, der mir da von John gereicht wurde, schlürfen sollte. Denn an anderer Stelle, saßen Baby J und ich mit ihm und Ringo Starr auf einem Bett und komponierten einen Song mit den Akkorden: Gm, B und C und dem Text: 

Yes it's true 
I want you too
But have to hide it. 
And so it's bad 
I have to hurt you
Even if I don't want to

Ich lehnte den Löffel dankend ab und behielt das Geld an mir, anstatt es seinem vermeintlichen Besitzer zu geben. Moralische Rechtfertigung im Nachhinein: ich war ja nicht vollkommen sicher, ob die Person, von der ich glaubte, dass sie der Inhaber der Scheine war, auch wirklich diese war. Die Person hätte ja auch einfach sagen können: "Ja, ich bin es. Danke, Sie Arsch." Und so investierte ich das Geld nach kurzer Überlegung in Dinge zum persönlichen Vergnügen. 

Ein Paar Wochen später überlegte ich sehr genau, ob ich einen 50 Euro Schein anreiße, im Sinne von: ein Stück Kuchen davon kaufen. Ich tat es. Übrig blieb eine Gewisse Summe über 40 Euro. Ich war krank und nahm am nächsten Tag vom übrig gebliebenen Haufen einen 10 Euro-Schein, um Obst und Kekse und Kakao zu kaufen. Als ich nach 24 Stunden, wieder etwas zu Kräften gekommen, nach dem Rest des Geldes schauen wollte, war es: VERSCHWUNDEN. 

Es ist so, dass ich in einem recht großen Anwesen lebe (20 Schlafzimmer, 14 Bäder, Twilight-Zone Flipper-Raum, Esel-Voltigier-Halle, sowas eben) und da öfter mal was weg kommt. Aber nachdem ich meine Insektoiden-Bediensteten bat, alles nach den Scheinen zu durchsuchen und letztlich selbst erfolglos danach suchte, wurde mir klar: hier hatte die Karma-Polizei ihre Finger im Spiel. Denn genau die Scheine, die ich einst an mich nahm, unbekleidet und auf halb-berechtigte Weise, sind jetzt verschwunden. WO werden sie wieder auftauchen?

Dazu fällt mir ein kleiner Satz aus dem Buch "Querelle" von Jean Genet ein:

Die Polizei ist der Gesellschaft, was der Traum dem alltäglichen Leben ist:
Was die Gesellschaft verbietet, gestattet sie, sobald Anlass besteht, der Polizei, beziehungsweise lässt sie das Verbotene durch die Polizei heraufbeschwören. Daher kommt wohl auch der Reiz und die Abstossung mit der wir den Polizisten betrachten.

Das ist ein tolles Buch. Es geht um Männer, Kriminalität und Lust und Liebe.

Und was ich heute schrieb, ist teilweise Traum, teils Wirklichkeit. 

Das durchmischt sich zur Zeit.

Gehabt euch wohl.

T zu dem V.








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