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Viel Leichtes ist gar nicht so schlimm.

Heute Mal etwas vorbereiteter, breiter, wie Bertis Manta in Manta Manta. Und nicht, wie immer in der Zeit erdacht, in der die Worte reingehackt werden ins digitale Blatt. Ob sich’s auswirkt?



Nun denn: 
Am Freitag stellte ich meine Coverversion von „Wicked Game“ auf Bandcamp, die ich in der Radioshow von Johnny und Stevie gemeinsam mit zweiterem performt habe. Ich übersetzte den Titel mit „Krankes Spiel“ ins Deutsche und fühlte mich leicht leicht leicht und heimsch im Komfort-Sessel beim Singen über das Opfer einer Liebschaft. 

Ist das eine gerechtgertigte Leichtigkeit oder faules Abhängen in der Hängematte des Dramas?

Es heißt dort, nein, ich habe es heissen LASSEN: „Ich WILL nicht in Liebe fallen“ - nach neuesten Überlegungen ärgere ich mich inzwischen da rüber, davon zu singen, etwas NICHT zu wollen. Es hätte heißen können: ich KANN nicht. Und dann vielleicht ein paar Gründe. Allen voran die schon seit vielen Jahren an mich rangetragene Asozialität meiner selbst.  Zum Beispiel der schon seit Jahren an mich herangetragene Hinweis auf meine Asozialität, mit der ich mich nicht schmücke. Und so dachte ich mir: Könnte es nicht besser heißen: 

Oh ja, ich will in Liebe fallen
Weiß nicht wie es geht
Aber sieh hier: 
mein Mund und meine Zunge
Mit denen stell ich dir Fragen
Und will lernen
Wie fallen geht
Und wir bringen uns bei
Wie fallen geht

Vielleicht nochmal ran da und statt Isaaks „gefährlichen Hexenfrau“-Story lieber die Karten auf den Tisch packen und oben genannte Lines droppen. Denn das Bild „Monsterfrau“ oder „Bösen Frau“ die den Mann in ihren Fängen hat und Willenlos macht, scheint mir inzwischen doch etwas öde und auch ödipal.

Kleine Jungs (in mehr oder minder großen Körpern) singen darüber, dass sie sich fürchten vor den starken Frauen. Oder genauer, dem, was es mit sich bringt, mehr als nur Körper zu sein. Aber anstatt mal wirklich darüber nachzudenken was es anders zu machen gilt, kommt Trick 18 und die Opferhaltung zur Anwendung.

Denn: 
Wir Jungs haben’s gern leicht
Wir Jungs gefallen uns darin
Und dabei leidend auszusehen
Wie verwundete, bewundernswerte 
Helden VON GESTERN

Das bringt mich zu Falco. Sein erstes Album „Einzelhaft“ ist toll. Klingt so samtig achtzig. Aber nach mehrmaligem hören fiel mir auf, dass darauf massiv und direkt Musik und Sujet anderer Songs verwendet wurden. „Zu viel Hitze“ bedient sich am Bassriff von „Wanna be startin' something“ von MJ. Wobei mir gerade auffällt, dass der es auch irgendwo her haben muss. Zum Beispiel aus dem Stück unten zu findenden Stück von David B. Von dem ich aber weiß, dass er, bzw. sein Gitarrist Carlos Alomar es auch wiederum irgendwo aufgegriffen hat.

„Helden von Heute“ trägt, wie könnte es anders sein, die Ästhetik und Harmonieversatzstücke von Bowie in sich. 

Zweiteres spielt aber kokett mit Selbstironie, da der Sänger über die neuen Helden spricht, die den Style haben und die goldene Zukunft in ihren Taschen und am Ende singt ein Chor „New Wave New Wave New Wave“. Das klingt sehr selbstherrlich und ich glaube nicht, dass F. dabei nicht schmunzeln musste. Ein anderes Stück hat die Supertramp-Klaviere dabei. Das klingt alles mega geil. Bedient sich aber. 

Vielleicht ist das auch gar nicht schlimm. 

Jochen Distelmeyer stand auf einer Bühne und ich lauschte seiner Gitarren/Piano-Duo-Show, die größtenteils aus Coversongs bestand. Als dritte Nummer kam dann auch „Take The Long Way Home“ von erwähnten Supertramp. Und ich war berührt. Berührt von der Intensität der Musik, der Stimme. Was da passiert zwischen dem Sänger und dem Publikum. 

Das ging dann auch bei „Video Games“ weiter. Vorne schunkelten die Menschen, ich hielt mich im Dunkeln und fühlte mich blöder- und peinlicherweise angesprochen, als der Sänger sagte: kommt alle Näher heran, wir brauchen eure Wärme. Auch die coolen Szenetypen, da hinten. 

Haha! Cool? Eher kühl bzw. träge. Wie auch immer. Er hat es auf jeden Fall hinbekommen den Leuten und sich zu gefallen gute Songs zu spielen und gemeinsam in der Lust daran zu schwimmen. Und das ist gut. Das ist eine sehr gute Idee.

Völkisches Aber: es hat auch etwas von der trügerischen Kraft der fremden Feder. Denn, er hat die Songs ja nicht selbst geschrieben. 

Am Ende gab es Blumfeld-Nummern, die ich sehr gut fand, ob ihrem Wagnis einer sehr direkten  gefühlsintensiven deutschen Sprache. Mir wurde diese Musik durch eine starke und weise (ich lasse bewusst das Wort „gefährliche“ einmal weg) Dame näher gebracht, so dass ich mich doppelt berührt fühlte. Blaues Auge. Ein bisschen.

Vielleicht ist das auch gar nicht schlimm.

Und vielleicht ist es meinem kapitalistischen Optimierungsdenken geschuldet, dass ich vom Individuum erwarte, dass es, gottgleich Erschaffer und Ersinger seines Werkes ist, um den größtmöglichen Gewinn daraus zu schöpfen. Autorenrecht und Anerkennung. Narzistische Gedanken. Fame.



Wobei ja schon allein der Gottesvergleich hinkt, da Gott ja, die Menschen erschaffen hat, aber selbst gar nicht so viel mit ihnen zu tun haben wollte. Es scheint mir auch fast, als ob er sich ab einem bestimmten Punkt sogar leicht belästigt gefühlt haben könnte. Und dann fing er an zu drohen. Ich meine Gott. 

Was ich damit sagen will: Es muss sich nicht immer alles unter einer Haut, einer Schädeldecke vereint entstehen und aus dieser gleich dem Schweiße der Arbeit in die Umwelt strömen. Damit diese anerkennend nickend verlauten lässt: „Sehet sein nasses Hemd und riechet seine Dünste. Er hat seinen Beitrag geleistet. Nun wedelt ihm mit Büropalmenblatt und speist ihn mit Bounty-Riegeln.“

Im Austausch mit anderen Gottheiten oder auch Menschen stecken viel mehr Möglichkeiten für neue, noch nicht dagewesene Kombinationen von Genen, Träumen, Perversionen, Waffen, Waffelrezepten und guten Ideen.

Bei Coversongs, fühle mich oft wie ein Dieb. Oder mindestens wie ein Neider, dass ich nicht der Erschaffer dieser Werke bin. Doch Neid ist kein guter Ratgeber. Ein besserer ist das Sitzfleisch und ein aktives Hirn und ein bewegtes Herz, die helfen, einen Weg zu gehen. Gemeinsam mit anderen und anderen Songs. 

Bolzenschneider sind natürlich auch gern gesehenes Begleiter. 

Denn: wer schlau klaut ist…IN!
Und steht vielleicht sogar mal in der In Touch.
Was eine der besten Motivationen ist, Musik zu machen

Und damit bin ich raus für To-Daaaaaaaay.

Timm.




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