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Lebender Draht vs. Brennende Sachsen

Ja, ich weiß. Letzte Woche gab es keinen Blogeintrag. Ich weise an dieser Stelle nochmals auf das Interview mit dem Effusive Mag hin, dass stattdessen erschien. Lest es hier.
 
 
Bedrückung und Glück liegen nah beieinander. So spielte ich am Samstag beim Westwerk Sommerfest, dass obige Foto (fotografiert von Lizette Havener) zeigt mich eben dort zum ersten Mal in meinem Leben performend mit Sonnenbrille und Vincent's Gretsch, die ich immer wieder als einen Tribut an Malcolm Young sehe und mich ganz wohl damit gefühlt habe. Einer der glücklichsten Menschen im Viertel vernahm teile meiner Show, die durch Lautsprecher verstärkt auf die Straße drangen.
 
Ich habe seit drei Wochen einen leichten Creedence Clearwater Revival Virus und so kam ich nicht umhin, ihr tolles Lied "Proud Mary" zu intonieren. Was wiederum den erwähnten Menschen, dazu verleitete, sich um die subkulturelle Kredibilität der Veranstaltung zu sorgen. Denn es klang wohl so, als sei dort eine Coverband engagiert worden, um sich mit den Anwohnern gut zu stellen.
 
Ich werte das jetzt mal als Kompliment, denke aber, bisher sehe ich meine Zukunft noch nicht eben da, wo viele Karrieren hinführen: ins Top 40 Geschäft. Nein, ich behaupte jetzt mal in einem Anflug von Selbstbewusstsein: Ich fummel' an Songs rum und das dauert seine Zeit. Ich mach das aber auch, damit sie überdauern. Auf mentale und körperliche Befinflichkeiten innerhalb meines Körpers und auch im Rahmen fremder Hirne und Innereien kann ich da keine Rücksicht nehmen. Ab und zu einen Song zu covern tut aber ganz gut und erdet jeden noch so kleinen Selbstbewusstseinsfunken.
 
Später durfte ich dann einen heliumgefüllten schwarzen Luftballon mit einem Opiniell-Messer zerstechen und hab mich mit leichter Freude an das Jahr 2011 erinnert, in dem ich am Centraltheater zu Leipzig bei einem NDW-Theaterstück mitgewirkt habe. Abseits der Musikbühne bin ich wohl eher  auf der lichtarmen und menschenscheuen Side of Life zu finden und so war es damals eine große Herausforderung für mich, in einem Ensemble mitzuwirken und sogar einen Satz zu sprechen, während ich den kompletten Saal durchschritt.
 
Ich trug einen Minirock und ne blonde Perrücke bis zum Arsch, falsche Wimpern und eine tektonische Schicht Makeup. Ich sah ein bisschen so aus, wie Britney Spears in ihrem ersten Video. Nur zombiefizierter. Jedenfalls verspürte ich einen gewissen Thrill, als ich Teil der Luftballon-Performance wurde. Vielleicht muss ich doch zurück ans Theater und mir endlich eingestehen, dass ich eine Sado-Masochistische Ader habe und meine Erfüllung in unangenehmen Situationen finde.
 
Wir werden sehen.
 
Nun zum lebenden Draht. Dies ist die direkte Übersetzung des AC/DC-Songs "Live Wire" vom ersten internantionalen Album "High Voltage". Bitte laut abspielen:
 
 
Zu dem habe ich Luftgitarre schwingend mein Haar geschüttelt und die coolen Kids verwirrt und zum peinlichen Lachen gebracht. Ist mir egal. Es war ein befreiender Moment. Der befreiendste seit Wochen. Jetzt habe ich Nackenschmerzen. Danke Malcolm! (und Bodo.)
 
Und warum Teile Sachsens für Ausländerhass brennen, kann ich mir nicht erklären? Aber das nimmt überhand und es fühlt sich an, als ob die 90er zurück kommen. Dieser Part hätte doch wegbleiben können. Stattdessen bitte Ace Of Base, Cpt. Jack und Snap und Captian Hollywood im großen Stil.
 
Mal im Ernst: könnten die nicht, angelehnt an die "Hamburger Wohlfahrtsausschüsse" eine Tournee durch Sachsen machen und den geistig Armen etwas Dance-Kultur näher bringen? Ich würde mich freuen. Wenn sie es nicht machen, habe ich tatsächlich überlegt, so etwas selber auf die Beine zu stellen. Mit ein paar befreundeten Bands. Mal sehen. So ganz ist der Entschluss noch nicht gereift und ihm gegenüber steht auch noch die Idee zur Gründung einer terroristischen Vereinigung.
 
In jedem Falle GEHT DAS GAR NICHT, was die Braunen da abziehen!
 
Und so sahen und sehen es auch die grossartigen Empowerment und bringen klare Ansage:
 
 
 
Und damit beende ich diesen Eintrag.
 
Kein Frieden,
 
Timm.
 

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