Direkt zum Hauptbereich

Alles wird zu Geld gemacht

Was hab ich letzte Woche geschrieben? Leipzig ist scheisse. Stimmt immer noch. Aber das ist natürlich eine sehr beschränkte Aussage. In manchen Ecken stinkt die Stadt nicht. 

Zum Beispiel dort, wo 206 am Samstag mit Fun Fare und Candelilla ein Konzert gegeben haben. Das war sehr gut. DANKE! 

Nach dem Soundcheck bin ich nochmal kurz nach Hause. Es hatte geregnet und ich hatte das Gefühl, das meine Sinne extrem geschärft waren, denn ich hörte und sah anders. Da kam Tangomusik aus einem offenen Fenster und in der Garageneinfahrt darunter posierten kleine Jungs gangstermässig. Es wirkte so, als tanzten sie zu diesem Tango. Auf dem kleinen Weg kurz vor meiner Villa habe ich dann Warnungen vor Chemtrails gelesen. Die hatte jemand mit Kreide auf den Boden geschrieben. 

Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, entstand meine verschärfte Wahrnehmung vielleicht auch durch die Restbestandteile der Chemtrails, die durch den Regen auf die Erde fielen. Grübel...grübel. 

Am Tag davor durfte ich bei Lizard Pool bei einem Song das Keyboard bedienen und eine Zeile singen. Als ich dann nach Hause fuhr erzählte mir jemand vom Hody-Fest. Als ich IHN dann fragte, ob das etwas mit Hoden zu tun hat, schaute er mich nur verwirrt an. Es handelte sich dann wohl um das sogenannte Holy Fest. Ihr wisst schon, diese aus Indien stammende Pigmentwerf-Party. 

Ich habe nichts dagegen, musste aber feststellen, dass die Assimilation dieses Festes in unsere Kultur mal wieder beweist, wie mächtig Kapitalismus ist. Er ist verdammt nochmal überall und zerrt alles an sich heran. Und wir kriegen es kaum mit, denn er lächelt immer freundlich. Und alles wird zu Geld gemacht. Wie dem zu entkommen ist: Alternativen aufzeigen und zeigen, dass es anders geht, siehe der schöne Samstag. 

Aber selbst an solchen Tagen, beschleicht den Dystoposaurus Völkus die Angst, dass es nur Teil des Systems ist Alternativen aufzuzeigen und gierige Spione dies beobachten, sich die Substanz solcher GUTEN MOMENTE entnehmen und in die Hirne der Menschen spritzen, die dann getriggert durch ein gutes Gefühl ihr Geld ausgeben wollen.

Vielleicht ist eine bessere Welt aber auch wirklich möglich! Ich versuche optimistisch zu bleiben. Irgendwie.

Auch meinen verehrten Bloglesern, die nicht über FB hierher gelangen, möchte ich natürlich das neueste Video von Jonas Reichert zum Song "Restbetrag" zeigen. Nun sehet es hier:


 Diese Woche Donnerstag spiel ich im Hot Dog laden auf der Karl-Heine-Street zu Leipzig.

Kommt vorbei. Ich würde mich freuen.

Timm.


Kommentare

  1. Sebastian says:

    Zum Kulturfest aus Indien habe ich gerade dieses Video/diesen Link entdeckt:

    http://www.lvz.de/Leipzig/Polizeiticker/Polizeiticker-Leipzig/Holi-Fans-pluendern-Getraenkemarkt-in-Leipzig

    Looipzigööör!! Asssoooziooool!! Leleleleee

    AntwortenLöschen
  2. Danke. Da hätte ich wohl mal etwas besser recherchieren sollen. Wenn sie nicht mit Pigmenten werfen, duschen sie in Bier. Grandios! Beste Stelle in dem LVZ-Text: "teilweise trugen die Besucher ganze Kisten nach draußen oder leerten sie noch vor Ort." Und die Holi-Fest betreiber: "Es tut uns Leid und wir werden uns deswegen beim Marktleiter nochmal melden”. Das ist echt witzig.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

#412 Atemschrei

Seit 10 Jahren kehrte er das Treppenhaus eines Buchlagers. Ein alter Plattenbau mit Stufen aus glattem Beton und definierten Winkeln und Kanten. Nicht wie die ausgetretenen Holzstufen im Nebengebäude der Tierpathologie, in der er vorher angestellt war. Den Dreck dort aus den Rissen und Fugen herauszubekommen, dauerte Stunden. Aber hier auf dem Beton fühlte es sich an wie ein Tanz, wenn er den Besen in sanften Wellen über den Boden schwang. Auf dem Weg dort hin und zurück kam er jeden Tag an einem kleinen Geschäft vorbei. Lange Zeit war es ein Imbiss, betrieben von einer Frau und einem Mann, die Filterkaffee, Cola in Dosen und zwei Sorten Flaschenbier verkauften. Dazu ganz akzeptable Pommes aus einer in die Jahre gekommen kleinen Fritteuse.  Als er sich entschloss, mit den beiden einmal mehr Worte zu wechseln, als "Eine Cola, bitte."   - "1,20" und "Stimmt so." teilte ihm die Frau mit, dass sie in zwei Wochen endgültig schließen - Rente. Beide hatten bis z...

#411 Lachwald

Die nassen Blätter der Bäume im Wald hängen tief, so tief, dass sich Silvio entscheidet, den Arm zu strecken und sie zu berühren. Eine Entscheidung bewusst treffen, sie in Signale umwandeln, die den Körper eine Handlung vollziehen lassen, geben ihm das Gefühl ein wenig Kontrolle über sein Leben zu haben. Er sieht den Menschen, die ihm entgegenkommen ins Gesicht. Er lächelt sie an. Irgendwann hat er damit aus einer Laune heraus angefangen und jetzt wird er diese Gewohnheit nicht mehr los. Früher, war er dafür bekannt, finster drein zu blicken. Wie oft sagten die Menschen zu ihm: "Lach doch mal." Aber es ist ja klar, dass "Lach doch mal" - das letzte ist, was einen dazu bringt, zu lachen, also wirklich zu lachen oder zu lächeln und nicht nur die Mundwinkel nach oben zu ziehen, bis die Zähne zu sehen sind und man aussieht wie ein perverser Clown.  Eigentlich, und daran erinnert sich Silvio immer wenn er lächelt, ist lachen nur ein evolutionäres Überbleibsel einer Verte...

#410 Bibelfliege

Steve sitzt an seinem Küchentisch. Der Tisch ist aus einem hellen Holz gefertigt, er hatte ihn gebraucht gekauft, einige dunkle Verfärbungen, dort wo schon vor ihm jahrelang Menschen ihre Arme abgelegt hatten. Erst beim Essen und später auch die Köpfe nach langen Trinknächten. Da sind auch Kerben, wo rohes Fleisch und Zwiebeln direkt auf dem Holz geschnitten wurden. Vielleicht sogar, so denkt er sich, hat auf diesem Tisch mal jemand Buchstaben aus einer Zeitung für einen Erpresserbrief mit dem Teppichmesser ausgeschnitten und dabei kleine Kerben hinterlassen.  Er fährt mit seiner Hand über den Tisch. Hinter ihm fällt flaches Sonnenlicht durch das Fenster. Die Blätter der beiden Bäume auf dem Hof verlieren langsam ihr Grün, aber der Wind ist noch nicht stark genug, sie von den Ästen zu reißen. Neben dem Tisch hängt ein Schrank, der zu der ebenfalls gebrauchten Einbauküche gehört, die Steve einer Frau abgekauft hat, die aus ihrer Stadtwohnung aufs Land zog. "Aus gesundheitlichen Gr...