Geehrte Lesende, bevor es mit dem Text dieser Woche losgeht, eine Erklärung zur Benutzung dieser Seite: Ich poste häufig am Ende der Texte Musikvideos. Diese sollen als Hintergrundmusik dienen, während die Leserin und der Leser sich durch die Sätze kämpft. Heute setze ich den Link mal vor den Text und bitte darum, auf "Play" zu drücken, bevor es mit dem Lesen losgeht. Sofern das natürlich in der Lesesituation möglich ist. Denn ich weiß ja nicht, in welchen expliziten Situationen mein Werk konsumiert wird. Jetzt aber viel Spaß mit dem Text...TV
Letzte Nacht ging ich durch einen Innenstadt. Aus einer Boutique hörte ich synthetische Keyboardklänge und eine weibliche Stimme. Als ich mich der Boutique näherte sah ich eine graue Couch mit ca. 5 Plätzen und einen überdachten Infostand aus weißem Plastik. Es schien eine öffentliche Talkrunde mit musikalischer Unterhaltung zu sein. Obwohl es sonst nicht meine Art ist, betrat ich die Boutique und setzte mich auf die Couch, die durch einen kleinen Tisch von dem Infostand getrennt war. In diesem saß Ivanka Trump und spielte auf einem MIDI-Keyboard einzelne Akkorde, die durch Echo und Hall-Effekte zu einer wohlklingenden Fläche verflochten worden. Dazu sang sie eine affirmativen Text über das gute Leben. Leider kann ich mich nicht an Einzelheiten des Textes erinnern.
Insgesamt wirkte das Lied, dass sie sang aber sehr modern pop-esque. Mir entging allerdings nicht, dass sie technische Probleme hatte, da sie mehrmals zwei Schieberegler auf ihrem MIDI-Keyboard nach oben und unten schob, um eine Veränderung im Sound zu erzielen. Diese Veränderung blieb aus und ich vermutete, dass es ein Problem an der Schnittstelle zwischen Hard- und Software gab. Irgendwann fing sie an die Regler einfach in der obersten Position zu belassen und ihre Stimme und der Klang der Akkorde, verzerrte sich, sodass für kurze Zeit aggressive Rückkopplungen entstanden. Ivanka wirkte etwas gelangweilt und schlug nur noch sporadisch kurze Akkorde an und sprach Worte wie Love, Prediction und ähnliches in das Mikrofon.
Ihre Performance fand einen undefinierten Abschluss, in den ihr Vater, Donald Trump, Präsident der Vereinigten Staaten, begrüßende Worte zur Eröffnung des Bürgergesprächs rief. Es gab keinen Applaus für die Darbietung seiner Tochter. Ich wunderte mich auch darüber, dass er keine Lobesworte für jene fand. Ich wollte mit der Faust anerkennend auf die Tischplatte klopfen, doch unterließ es. Die Boutique war nicht sehr voll. Ich war bis hierhin der einzige Bürger, der auf der Couch saß. Dann kamen zwei Männer dazu, die genau wie ich eher zufällig an der Boutique vorbeigekommen zu sein schienen. Einer von ihnen trug eine Woodland-Camouflage-M65 Jacke, ich glaube, ich hatte meine normal grüne an und setzte sich neben mich.
Der andere Mann trug weite Hosen und einen Pullover mit Kapuze und eine goldene runde Rayban-Brille. Ich erkannte, dass dieser zweite Mann der Rapper Snoop Dogg war und fühlte mich geehrt mit ihm eine Couch zu teilen. Ich nickte ihm höflich zu und machte damit deutlich, dass ich ihn erkannt habe. Donald Trump sagte in diesem Moment, dass die Debatte eröffnet sei und bat um erste Redebeiträge. Verhaltene Stille, Anspannung.
Ich atmete tief ein und begann in flüssigem Englisch damit, mich vorzustellen. Mein Name sei Timm Völker und ich sei Musiker aus Deutschland und nur zu Besuch hier um evtl. ein paar Shows zu spielen. In dem Moment, drehte sich der Mann neben mir in meine Richtung und deutete mit seinen Armen die Geste des Gitarrespielens an, worauf ich präzisierte, ich mache Gitarrenmusik, Blues, Postpunk und R'n B. Er schaute mit einem fragenden Gesichtsausdruck herüber zu Snoop Dogg und dieser zuckte nur mit den Schultern. Beide schienen noch nie von mir gehört zu haben.
Ich fuhr mit meinem Debattenbeitrag fort und sagte, dass ich als Gast die gesellschaftlichen Entwicklungen in diesem Land extrem unterhaltend und spannend finde und es gut finde dieser Diskussion als Beobachter von Außen beizuwohnen, mich aber gleichzeitig gar nicht als wirklicher Teilnehmer sehen kann, da mich das Handeln des Präsidenten nicht unmittelbar betrifft. Deshalb bat ich darum, meinen Redebeitrag lediglich als Stein des Anstoßes und aufwärmende Lockerungsübung für das nun beginnende Gespräch zu sehen.
Ich war versucht, den Präsidenten dafür zu loben, dass er sich ganz ohne ein großes Gefolge oder Sicherheitsvorkehrungen oder auch Showelemente, abgesehen von dem etwas unmotivierten musikalischen Beitrag seiner Tochter dem Volk gegenüber stelle um dessen Fragen, Kritik und Anregungen zu hören. Ich dachte aber noch einmal kurz darüber nach und verkniff mir diesen Satz und ließ mich in die Couch sinken, um dem zu lauschen was nun folgen würde.
Leider erwachte ich genau an dieser Stelle des Traumes unter einem hellgrauen Himmel und schaffte es auch unter großer Anstrengung nicht, wieder in den Traum einzusteigen. Es ist wohl auch besser so, denn was habe ich in so einer Gesprächsrunde als Nicht-Amerikaner beizutragen? Ich schämte mich auch ein bisschen, da ich die mir spontan gebotene Redemöglchikeit als Promotionplattform nutzte, anstatt gegen den Präsidenten zu wettern.
Auf der anderen Seite, habe ich denn, wie oben angedeutet, überhaupt das Recht dazu? Immerhin hat Snoop Dogg jetzt zumindest schon mal meinen Namen gehört und mein Gesicht gesehen hat. Vielleicht kommt es ja genau darauf, wenn man nach oben kommen will.
Warum also solche Scham? Jeder sollte die Chance auf Erfolg ergreifen, wenn sie sich im bietet. Denn ist Amerika nicht das Land der Einwanderer, der Träumer und der Träume?
TV
Letzte Nacht ging ich durch einen Innenstadt. Aus einer Boutique hörte ich synthetische Keyboardklänge und eine weibliche Stimme. Als ich mich der Boutique näherte sah ich eine graue Couch mit ca. 5 Plätzen und einen überdachten Infostand aus weißem Plastik. Es schien eine öffentliche Talkrunde mit musikalischer Unterhaltung zu sein. Obwohl es sonst nicht meine Art ist, betrat ich die Boutique und setzte mich auf die Couch, die durch einen kleinen Tisch von dem Infostand getrennt war. In diesem saß Ivanka Trump und spielte auf einem MIDI-Keyboard einzelne Akkorde, die durch Echo und Hall-Effekte zu einer wohlklingenden Fläche verflochten worden. Dazu sang sie eine affirmativen Text über das gute Leben. Leider kann ich mich nicht an Einzelheiten des Textes erinnern.
Insgesamt wirkte das Lied, dass sie sang aber sehr modern pop-esque. Mir entging allerdings nicht, dass sie technische Probleme hatte, da sie mehrmals zwei Schieberegler auf ihrem MIDI-Keyboard nach oben und unten schob, um eine Veränderung im Sound zu erzielen. Diese Veränderung blieb aus und ich vermutete, dass es ein Problem an der Schnittstelle zwischen Hard- und Software gab. Irgendwann fing sie an die Regler einfach in der obersten Position zu belassen und ihre Stimme und der Klang der Akkorde, verzerrte sich, sodass für kurze Zeit aggressive Rückkopplungen entstanden. Ivanka wirkte etwas gelangweilt und schlug nur noch sporadisch kurze Akkorde an und sprach Worte wie Love, Prediction und ähnliches in das Mikrofon.
Ihre Performance fand einen undefinierten Abschluss, in den ihr Vater, Donald Trump, Präsident der Vereinigten Staaten, begrüßende Worte zur Eröffnung des Bürgergesprächs rief. Es gab keinen Applaus für die Darbietung seiner Tochter. Ich wunderte mich auch darüber, dass er keine Lobesworte für jene fand. Ich wollte mit der Faust anerkennend auf die Tischplatte klopfen, doch unterließ es. Die Boutique war nicht sehr voll. Ich war bis hierhin der einzige Bürger, der auf der Couch saß. Dann kamen zwei Männer dazu, die genau wie ich eher zufällig an der Boutique vorbeigekommen zu sein schienen. Einer von ihnen trug eine Woodland-Camouflage-M65 Jacke, ich glaube, ich hatte meine normal grüne an und setzte sich neben mich.
Der andere Mann trug weite Hosen und einen Pullover mit Kapuze und eine goldene runde Rayban-Brille. Ich erkannte, dass dieser zweite Mann der Rapper Snoop Dogg war und fühlte mich geehrt mit ihm eine Couch zu teilen. Ich nickte ihm höflich zu und machte damit deutlich, dass ich ihn erkannt habe. Donald Trump sagte in diesem Moment, dass die Debatte eröffnet sei und bat um erste Redebeiträge. Verhaltene Stille, Anspannung.
Ich atmete tief ein und begann in flüssigem Englisch damit, mich vorzustellen. Mein Name sei Timm Völker und ich sei Musiker aus Deutschland und nur zu Besuch hier um evtl. ein paar Shows zu spielen. In dem Moment, drehte sich der Mann neben mir in meine Richtung und deutete mit seinen Armen die Geste des Gitarrespielens an, worauf ich präzisierte, ich mache Gitarrenmusik, Blues, Postpunk und R'n B. Er schaute mit einem fragenden Gesichtsausdruck herüber zu Snoop Dogg und dieser zuckte nur mit den Schultern. Beide schienen noch nie von mir gehört zu haben.
Ich fuhr mit meinem Debattenbeitrag fort und sagte, dass ich als Gast die gesellschaftlichen Entwicklungen in diesem Land extrem unterhaltend und spannend finde und es gut finde dieser Diskussion als Beobachter von Außen beizuwohnen, mich aber gleichzeitig gar nicht als wirklicher Teilnehmer sehen kann, da mich das Handeln des Präsidenten nicht unmittelbar betrifft. Deshalb bat ich darum, meinen Redebeitrag lediglich als Stein des Anstoßes und aufwärmende Lockerungsübung für das nun beginnende Gespräch zu sehen.
Ich war versucht, den Präsidenten dafür zu loben, dass er sich ganz ohne ein großes Gefolge oder Sicherheitsvorkehrungen oder auch Showelemente, abgesehen von dem etwas unmotivierten musikalischen Beitrag seiner Tochter dem Volk gegenüber stelle um dessen Fragen, Kritik und Anregungen zu hören. Ich dachte aber noch einmal kurz darüber nach und verkniff mir diesen Satz und ließ mich in die Couch sinken, um dem zu lauschen was nun folgen würde.
Leider erwachte ich genau an dieser Stelle des Traumes unter einem hellgrauen Himmel und schaffte es auch unter großer Anstrengung nicht, wieder in den Traum einzusteigen. Es ist wohl auch besser so, denn was habe ich in so einer Gesprächsrunde als Nicht-Amerikaner beizutragen? Ich schämte mich auch ein bisschen, da ich die mir spontan gebotene Redemöglchikeit als Promotionplattform nutzte, anstatt gegen den Präsidenten zu wettern.
Auf der anderen Seite, habe ich denn, wie oben angedeutet, überhaupt das Recht dazu? Immerhin hat Snoop Dogg jetzt zumindest schon mal meinen Namen gehört und mein Gesicht gesehen hat. Vielleicht kommt es ja genau darauf, wenn man nach oben kommen will.
Warum also solche Scham? Jeder sollte die Chance auf Erfolg ergreifen, wenn sie sich im bietet. Denn ist Amerika nicht das Land der Einwanderer, der Träumer und der Träume?
TV
Kommentare
Kommentar veröffentlichen