Direkt zum Hauptbereich

Sensibelchen, stiller Begleiter/Inneres Ozonloch

Das große Blabla ist ein Nirvana-Song in einem Valium-Milchshake...sprach er und verschickte die Nachricht hinaus in die Welt. Der Regen hatte gerade aufgehört, als er nach einem Bier die Kneipe verließ. Wo die Automaten surren und die Musik einem Nahe geht, auch wenn das gar nicht das ist, was man will. Aber die Sensibilisierung ist der stille Begleiter solcher Unternehmungen. Als ob das Bier und der Schnaps die Haut auswaschen, bis sie durchscheinend ist und den Blick auf ein pochendes Herz und eine Seele frei gibt. Und wie die Ozonschicht den Erdball vor einem Gros der Strahlung aus dem Weltraum schützt, so schützt die Haut die beiden erwähnten Organe vor den Strahlen der Welt. Ist sie aber alkanolisch ausgewaschen, plätschert alles auf sie ein und ein Gefühl der emotionalen Überforderung bricht sich Bahn. Er wird rührseelig, trägt einen verklärten Blick auf und spürt in sich das Verlangen gut zu den Menschen zu sein. Ihnen gutes zu tun. Er unterscheidet dann nicht mehr zwischen Guten und Bösen. Er nimmt die Leute so, wie sie kommen. Glaubt an die Ehrlichkeit, die einem jeden innewohnt und bietet Zuversicht und ein oder zwei gute Worte für jeden, der danach fragt. Und solltest DU ihn treffen und nicht nach jenen Worten fragen, er wird sie dir trotzdem anbieten. Weil er dich sucht. Weil er sich in dir sucht. Weil er mit seiner wahnhaften Gleichschaltung aller Menschen, die ihm begegnen nur zum Audruck bringt, dass er gemocht werden will und zwar von allen. Der Regen hatte gerade aufgehört, es war Neun Uhr und Einundzwanzig Minuten und mit diesen Worten in seinem Schädel durchschritt er die Tür der Kneipe und verschwand im Unterholz. Dort setzte er sich auf eine lila-getünchte Couch, im schützenden Geflecht einiger Bäume und Sträucher. Die morgendliche Sonne warf Strahlen fleckigen Lichts auf die Szenerie, als ob er sich in einem Film befand, die die Wirklichkeit verklären. Und er fasste den Entschluss mit all dem abzuschließen. Er hatte ja gerade erkannt, dass sein Verhalten nicht auf eine Großmütigkeit sondern auf reine Gefallsucht zurückzuführen war. Und so fing er an von Satan zu reden, wartete bis die nächste Nacht kam und verschwand still klagend hinter dem Fluss. Leute, die ihn kannten und an diesem Abend noch sahen, kamen nicht umhin, ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht zu bemerken, dass er ihnen entgegenwarf. Dazu den Pommesgabel-Gruß der Heavy-Metaller. Alles wie immer, dachten sie sich. Alles wie immer, nur ein bisschen Schlimmer, dachte er.

Woher ich das alles weiß? Die Antwort ist leicht: Wenn ich durch die Städte schleich, achte ich auf ein leichtes Schimmern unter der Kleidung der Menschen im Brustbereich. Habe ich so einen Schimmer ausgemacht, muss ich ihm nur noch still folgen und er gibt sein Innerstes preis. 
Seht wie es scheint, durch die pergamentene Haut. Ich lab mich daran. Wer weiß, wie ich heiß?

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

#412 Atemschrei

Seit 10 Jahren kehrte er das Treppenhaus eines Buchlagers. Ein alter Plattenbau mit Stufen aus glattem Beton und definierten Winkeln und Kanten. Nicht wie die ausgetretenen Holzstufen im Nebengebäude der Tierpathologie, in der er vorher angestellt war. Den Dreck dort aus den Rissen und Fugen herauszubekommen, dauerte Stunden. Aber hier auf dem Beton fühlte es sich an wie ein Tanz, wenn er den Besen in sanften Wellen über den Boden schwang. Auf dem Weg dort hin und zurück kam er jeden Tag an einem kleinen Geschäft vorbei. Lange Zeit war es ein Imbiss, betrieben von einer Frau und einem Mann, die Filterkaffee, Cola in Dosen und zwei Sorten Flaschenbier verkauften. Dazu ganz akzeptable Pommes aus einer in die Jahre gekommen kleinen Fritteuse.  Als er sich entschloss, mit den beiden einmal mehr Worte zu wechseln, als "Eine Cola, bitte."   - "1,20" und "Stimmt so." teilte ihm die Frau mit, dass sie in zwei Wochen endgültig schließen - Rente. Beide hatten bis z...

#411 Lachwald

Die nassen Blätter der Bäume im Wald hängen tief, so tief, dass sich Silvio entscheidet, den Arm zu strecken und sie zu berühren. Eine Entscheidung bewusst treffen, sie in Signale umwandeln, die den Körper eine Handlung vollziehen lassen, geben ihm das Gefühl ein wenig Kontrolle über sein Leben zu haben. Er sieht den Menschen, die ihm entgegenkommen ins Gesicht. Er lächelt sie an. Irgendwann hat er damit aus einer Laune heraus angefangen und jetzt wird er diese Gewohnheit nicht mehr los. Früher, war er dafür bekannt, finster drein zu blicken. Wie oft sagten die Menschen zu ihm: "Lach doch mal." Aber es ist ja klar, dass "Lach doch mal" - das letzte ist, was einen dazu bringt, zu lachen, also wirklich zu lachen oder zu lächeln und nicht nur die Mundwinkel nach oben zu ziehen, bis die Zähne zu sehen sind und man aussieht wie ein perverser Clown.  Eigentlich, und daran erinnert sich Silvio immer wenn er lächelt, ist lachen nur ein evolutionäres Überbleibsel einer Verte...

#410 Bibelfliege

Steve sitzt an seinem Küchentisch. Der Tisch ist aus einem hellen Holz gefertigt, er hatte ihn gebraucht gekauft, einige dunkle Verfärbungen, dort wo schon vor ihm jahrelang Menschen ihre Arme abgelegt hatten. Erst beim Essen und später auch die Köpfe nach langen Trinknächten. Da sind auch Kerben, wo rohes Fleisch und Zwiebeln direkt auf dem Holz geschnitten wurden. Vielleicht sogar, so denkt er sich, hat auf diesem Tisch mal jemand Buchstaben aus einer Zeitung für einen Erpresserbrief mit dem Teppichmesser ausgeschnitten und dabei kleine Kerben hinterlassen.  Er fährt mit seiner Hand über den Tisch. Hinter ihm fällt flaches Sonnenlicht durch das Fenster. Die Blätter der beiden Bäume auf dem Hof verlieren langsam ihr Grün, aber der Wind ist noch nicht stark genug, sie von den Ästen zu reißen. Neben dem Tisch hängt ein Schrank, der zu der ebenfalls gebrauchten Einbauküche gehört, die Steve einer Frau abgekauft hat, die aus ihrer Stadtwohnung aufs Land zog. "Aus gesundheitlichen Gr...