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Bedingungsloses Freundlichkeit´sen

Ich wische manchmal länger auf Instagram herum. Das ist sehr interessant, da man dort viele Abbilder der Zeit beobachten kann und befreit wird vom Ausdruck wirklicher Emotionen. Denn a) gibt es nur das "Herz" zum liken und keinen "kackhaufen" als Ausdruck des Nicht-Gefallens und b) muss man nicht viel rumdrucksen, jemand ins Auge sehen sondern einfach bloß was drücken. Und ja, man kann sehen, was Leute konsumieren, wie sie ihre Körper formen oder welche Art von Witz gerade angesagt ist. 

Das ist interessant und entbindet von der realen Welt. Ich hatte letztens auch auf die Frage hn, was denn meine große "Idee" sei, die jeder Künstler braucht, nein jeder Mensch in seinem Leben braucht, um an etwas zu glauben gesagt: es wäre doch nicht schlecht soziales Netzwerk zu erstellen, in dem Inhalte, gern so künstlerisch und intelligent, wenn auch intelligent in Form von "einfach nur bescheuert" gepostet werden können, es aber KEINE Möglichkeit der Bewertung gibt. Wäre das gut, meine gute Idee? Es wäre dann ein Asoziales Netzwerk. 

In meiner Vorstellung würde es dazu führen, dass der Drang nach konformer Inszenierung abnimmt, die letztlich darauf ausgerichtet ist zu gefallen und einer Inszenierung weicht, die individuell ist. Und ich meine hier wirklich individuell und nicht das individuell der Konformität, dass sich lediglich durch Kamerawinkel oder Filter unterscheidet, deren Formen vom Anbieter vorgegeben sind, man also nur aus einer vorrausgesetzten Anzahl an Möglichkeiten wählen kann, anstatt selber die Möglichkeiten zu erschaffen. Ja, das ist einer meiner Träume. 

Ein anderer ganz frischer war, dass eine einstellige Anzahl kleiner asiatischer Mädchen vor einem Konzert von mir in Animé-Pokémon-Verkleidungen und Mundschutz Plakate bzw. Banner halten auf denen für mich nicht lesbare Schriftzeichen stehen, ein bunter Wald zu sehen ist und mein Name in Arabischen Buchstaben, geteilt durch einen stilisierten Baum oder Blitz. Auf der einen Seite dieses Baumes/Blitzes standen ein T und ein I und auf der anderen Seite vier oder fünf Ms. 

Und die asiatischen Mädchen sangen irgendwas. Huldigten sie mir oder wurden sie von irgend jemandem engagiert um mich zum Narren zu halten? Ich bin dann irgendwann aufgewacht und fühlte mich erholt.

Ein Musiker, den ich auf Instagram aboniert habe, zeigte dort letztens ein kurzes Video einer Zitterspinne, die ein Insekt fing. Es gibt schönere Tode für Insekten. Zum Beispiel in heißem Käse ertrinken. So fand ich letztens eine kleine Schnake vor. Sie sah aus, wie in milchigen Bernstein gehüllt. Aber der Ort machte eindeutig klar, dass es sich um geschmolzenen und wieder erhärtetes Käsefett handeln musste. Denn der Ort war die Unterseite eines Sandwichmakers. Welcher wiederum eine sehr gut Erfindung ist. 

Zurück zum Spinnenvideo: mich erinnerte dieses Video an ein Ereignis aus der Vergangenheit. Es trug sich zu, dass eine meiner frühreren Palazzos Heimat einer Zitterspinne wurde und sich später auch eine Kreuzspinne dort niederließen. Das Insektenvorkommen war nicht all zu üppig, so dass ich vor allem in der Nacht die Mägen der Spinnen dunkel grollen hörte und es mich fröstelte. Nach ein oder zwei Tagen begannen sich die beiden Spinnentiere an der vergoldeten rockmusikspielenderengelsverzierten Stuckdecke zu nähern. 

Sie kamen sich nah. Ich beobachtete es mit Argwohn, schloss ich doch in meiner Feindseligkeit und bedingunslosen Unfreundlichkeit daraus, dass sich die beiden zu einer Sechzehnbeinigen Superspinne vereinen würden und ich am nächsten Morgen eingesponnen und bereits mit einer meine Organe zersetzenden Flüssigkeit gefüllt, erwachen würde und mitbekommen müsste, wie die beiden Spinnen meinen süßen Brei in sich aufnehmen würden. 

Nun aber trug sich stattdessen etwas zu, dass ich niemals für Möglich gehalten hätte.

Ich betrachtete nach dem Erwachen die Stelle, an der ich die achtbeinigen Feinde als letztens vorfand. Und was meine Augenäpfel dort erblickten, entlockte mir einen gar schrillen Schrei der Verwunderung. Die Vögel in den Bäumen flogen auf, die Katzen im Umkreis von 4 Kilometern hielten inne beim Putzen ihrer räudigen Felle. Was ich sah war nur noch eine Spinne. Die Zitterspinne, welche an einem dicken runden eingesponnen Bündel saugte. 

Und es dämmerte mir, dass sie dieses Bündel niemand geringeres als die Kreuspinne gewesen sein musste. Ich hätte gedacht, dass es, wenn es zu diesem Kampf gekommen wäre, doch die kräftigere Kreuzspinne gewesen sein müssen gemusst hätte, die als Sieger hervorgegangen hätte müssen sollen. Doch es zeigte sich, dass biomechanoide langfingrigkeit der Kapitalistenzitterer über die Macht der Kirche, in Form eines Kreuzes auf dem Rücken, bzw. Hintern gesiegt hatte.

Im Laufe der nächsten Tage wurde das Bündel immer kleiner und der Hintern der Zitterspinne immer größer - und ich erkannte, dass es die Natur des Kapitalismus ist, alles in sich aufzunehmen. Und bevor auch ich das nächste Opfer wurde, verließ ich den Palazzo und kehrte nie wieder zurück.

TV.

PS: erst jetzt wird mir klar, dass dieser Kampf eventuell von beiden nur vorgespielt wurde und das einverleiben der einen Spinne durch die andere nur der erste Schritt zur Vereinigung war, die letztlich zu meiner Vertilgung geführt hätte.

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