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Salziger Aus-Fluss

Ich schritt im dunkeln durch die Stadt aus der ich komme. Schweigend, weil allein, ging ich über dunkle Wege und dachte daran, dass der Fluss, der durch diese Stadt fließt, Saale heisst. Saale heisst: salziger Fluss. Ein salziger Fluss der durch eine Gegend voll salzigem Boden fliesst. Wer hat hier geweint, dass der Fluss so salzig ist? Mutter Erde? Vater Staat? Sind die beiden ein Gegensatzpaar? 

Privat und Staat mischen sich zum Ideen-Beton für einen Song. So schrieb ich es mir letztens auf. Tränen mischen sich mit Schweiß und der Verblüffung mit der ein ich, das Weltgeschehen betrachtet. In Gesprächen mit meinem Schreib-Partner-In-Crime, verbrachten wir einige Stunden damit, festzustellen, dass das was gerade passiert, einerseits mindestens absurd, aber auch witzig ist, witzig wäre, wenn die Figuren, um die es geht, nicht in solch machtvollen Positionen angesiedelt wären. 

Es geht um Trump (ab das Bier) und Erdogan und (setze hier einen weiteren Autopilot-o-kraten deiner Wahl ein). Vor allem ersterer macht Moves die an Witzigkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Noch.

Und ja, ich fühle mich ein wenig zur Salzsäule erstarrt, nicht weil ich mich auf dem Weg aus der Stadt der Sünde verbotenerweise noch einmal umdrehte, sondern weil ich ein Kind der Saalestadt bin und vielleicht ist das eine Eigenschaft, die diese Herkunft mit sich bringt. Und vielleicht sollte ein Lebensabschnitt da enden, wo er begonnen hat. 

Einmal im Kreis durch die Welt des trinkenden Leides, um mit den Erfahrungen und Geschichten da anzukommen, wo alles los ging. Und der Gesellschaft davon erzählen. Sind damit Songs gemeint? Ja, auch. Ich bin auf dem Weg, der ist manchmal matschig und manchmal ist er staubig. Seit ich wieder Motoradboots habe, laufe ich umso unerschrockener in eine Richtung, merke langsam wieder, wer ich bin. Und was stimmt und was nicht. 

Und eins, dass sage ich euch, als Endzwanziger: Wenn selbst deine Eltern bemerken, dass an deinem Lebenswandel was hinkt, dann mach dir Gedanken. Bisher konntest du es ja ganz gut verstecken vor ihnen, dass es dir schlecht geht und wie du damit umgehst, aber irgendwann bemerken sie es. 

Genauso wie damals, als du vom Baumhaus herab, die Berge rauf, die Berge runter, noch kurz ins Wohnzimmer kamst und versucht hast, möglichst nicht zu wanken, während du deine Rückkehr von einer Dosenbier-Feier verkündet hast.

So bin ich hier also, in einem Hemd aus Rosen, liegend in einem Bett aus Rosen, genauer mit Rosenbettwäsche bezogen, nach einem Konzert in meiner Heimatstadt. Der Kreis ist vollendet. Hoffe ich. 

"Versteckst du dich oder trinkst du nicht mehr?" - waren die missverstandenen Zeilen einer Band, die ich letztens sah. Ganz geil - ich fühlte mich sehr angesprochen. Der eigentlich Text ging aber, so glaube, ich etwas anders. Nichtsdestotrotz mochte ich die Vorstellung und fühlte mich ertappt, wie ich innerliche nickend dachte: Ja, da ist was dran.

Und als letztes noch eine Anmerkung zur Benutzung von Taschentüchern.
Es gibt ja Motivtaschentücher und, mit Verlaub, diese, die ich benutzte waren auf der Motivseite ziemlich rauh, bzw. fest, es tat richtig weh, sie an die Nase zu führen. Sodass ich gezwungener Maßen die nicht motivierte Seite dazu benutze, die mehr oder minder festen gelb-grünen Brocken erkältetem Schleims aus meiner Nase herauszubefördern. 

Die weihnachtlichen Landschaft wäre durch meine Auswürfe auch ziemlich verunstaltet worden, bzw. hätten sich zu einer Lovecraftschen New England Gegend gewandelt, deren vermeintliche Idylle von einem zähen grünen Ektoplasma überschwemmt worden wäre. Mh, vielleicht wäre es doch gar nicht so schlecht gewesen, in diese Seite zu schnäuzen.

Aber Mama meinte sowieso, dass ich die Packung gar nicht hätte benutzen sollen. Dabei wollte ich nur etwas richtig machen und die noch nicht aufgemachte Großpackung, eben: noch nicht aufmachen und stattdessen, die daneben liegenden Einzelpackungen benutzen.

Aber: auch ich, ja ich, kann nicht alles immer richtig machen.

Kein Kind mehr - Werd erwachsen.

TV.

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