Ich habe den Abstand zwischen mir und den Sozialen und Normalen Medien vergrößert und stellte fest, dass das meiner Konzentrationsfähigkeit gut tut. Ich verbringe weniger Zeit damit, Dinge zu lesen und anzusehen, auf die ich wenig bis keinen Einfluss habe und stellte fest, dass genau dieser mangelnde Einfluss ein nicht auszugleichendes Energiepotential in mir erzeugt. Denn: ich lese zum Beispiel über ein Maßnahme des amerikanischen Präsidenten an der Außengrenze seines Landes, die offensichtlich auf Lüge basiert und ganz andere Ziele verfolgt. Ich werde wütend, kann aber nichts dagegen machen, so bleibt die Wut in mir und verlangt an anderer Stelle austritt. Im für den K. guten Falle kaufe ich dann irgend etwas und wandele die Energie in Konsum um. Da ich aber nicht reich bin, versuche ich auch wenig zu konsumieren. Auch im Bewusstsein, dass dies oft eine Ersatzhandlung ist. Ich beschränke mich also.
Wie Sven G. schon bemerkte muss das nicht sein. Ich wiederum halte es manchmal für notwendig, da ich ja andererseits die Lust verspüre etwas ernster durchs Leben zu gehen. Ich habe viel gedummlabert. Das versuche ich zu unterbinden oder sagen wir zu minimieren und beim einigen Versuchen in diese Richtung fiel mir auf, dass Gespräche mit vermindertem Dummlaber-Anteil einen anderen Fluss haben, bzw. der Fluss manchmal ins Stocken gerät und Gesprächspausen entstehen. Dann bemerkte ich ein Unbehagen darüber in mir. Weil ein Gespräch doch eigentlich fließen soll. Lachen und Übereinstimmung im Inhalt. Das geht sehr leicht über Witze und eine lockere Sprache. Oder sagen wir: es ist leichter so.
Wenn ich jetzt darüber schreibe, merke ich, dass ich etwas mehr Gleichgültigkeit an den Konversations-Tag legen kann. Oder einfach gehen sollte. Und ich erinnere mich an eines der ersten Treffen bzw. nennt man es "Dates" mit meiner langjährigen Partnerin. Wir saßen auf einer Bank, von der aus man die Stadt in der wir zu leben pflegten überblicken konnte. Man sah einen Park, Kirchentürme und ein Kraftwerk und am Horizont die Salzberge der Kalitagebau-Anlangen. Wir saßen da und schwiegen, sagten nahezu nichts. Bei mir lag es wohl daran, dass ich mir nicht traute ein Gespräch zu beginnen oder schlicht nicht wusste wie und von einem direkten Versuch sie zu küssen weit entfernt war. Ich habe es aber aber als absurd genug im positiven Sinne empfunden, dass ich mich überhaupt mit ihr getroffen habe.
Im nach hinein sagte sie mir, dass sie das gut fand. Jetzt denke ich: vielleicht hatten wir uns schon damals einfach nichts zu sagen und hätten es lassen sollen. Stattdessen aber schöne schreckliche Freakjahre. Schon okay. Man lernt ja aus allem.
Jetzt geht es mir ein bisschen besser und ich lese in einem Buch, dass das Geschehen des zweiten Weltkriegs aus der Perspektive eines SS-Offiziers beschreibt. Er ist kein Kämpfer im üblichen Sinne sondern für die Beobachtung der Prozesse rund um die Kampfhandlungen zuständig. Es geht um Judenvernichtung, Ränkeleien zwischen Wehrmacht und SS, unterdrückte Homosexualität und einen allgemeinen Wahnsinn. Mein erster Eindruck: das Buch schickt mich als Leser ohne jegliche helfende moralische Hand durch die Handlung. Das verunsichert, aber macht mir bewusst, dass ich eine Haltung entwickeln muss. Das ist auch interessant. Des weiteren bin ich bisher davon ausgegangen, dass hinter dem "Vernichtungskrieg", der Endlösung und der Gesamtgrausamkeit der Nationalsozialisten ein intelligenter Plan steckte. Das es ein System gab.
Wenn ich aber dem fiktiven, aber auf wahren Tatsachen und historischen Ereignissen basierenden Verlauf folge, muss ich feststellen, dass die Nazis wirklich verrückt oder mindestens konfus waren. Weil über Leben und Tod willkürlich entschieden wird und die Figuren in dem Roman vielfältig damit zu kämpfen haben, wie sie ihr Verhalten vor sich selbst rechtfertigen. So bleibt die Hauptfigur Exekutionen gerne fern, und ergeht sich auf Spaziergängen durch die besetzten Städte in Beschreibungen der Architektur und Landschaft und lobt den Wein. Es ist schrecklich. Es bleibt ein Rätsel. Aber es auch interessant und ich empfinde es als angenehm, mich auf diese Weise mit dem sehr prägenden Kapitel deutscher Geschichte zu befassen.
Gerade auch in diesen schönen Sommertagen. So fuhr ich vor 3 Tagen in einem absurd leeren Zug von Norden nach Südosten durch D-Land und war berührt von den Weizen und Sonnenblumenfeldern und dem schönen Licht und den im Hintergrund liegenden Chemieanlangen, war mir aber zur selben Zeit bewusst, dass auf den Schienen über die ich gerade gleite vor einiger Zeit auch Deportationstransporte gerollt sein könnten. Es geht um Verantwortung und Bewusstsein, dass ich mir selbst näher bringen möchte und um Ernsthaftigkeit als Abgrenzung von den gut gelaunten Menschen.
T.
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