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Mit schrägem Kopf durch die Landschaft rasen

Hui, schon wieder Montag. 
Es kommt mir gar nicht so vor. 
Aber der Kalender sagt es. Und der hat immer recht.

Heute werde ich mir endlich den Windradpathos vom Leib schreiben:

Ich bin achtundzwanzig
Und komm' aus einer Zeit
In der es möglich war
Durch die Lande das Land zu reisen
Und wenn der Blick dann schweifte
Über Felder und die Schlote
Von Chemie-Fabriken
Buna, Leuna, Bitterfeld
War'n da keine Windräder
Zwischen hier und Horizont

Heute kann ich reisen
Nicht weiter als schon damals
Denn es war nicht DDR
Es war'n die Neunziger Jahre
Cola, Fanta, Sprite
Wenn nicht sogar später
Alles war erlaubt
Und den meisten war's egal

Heute wenn ich reise
Hamburg, Wolfsburg, Leipzig
Sehe ich Räder drehen
Und sie bringen guten Strom
Oder beruhigt die Rotation 
Nur unsere Angst
Der Natur und auch der Zukunft
Nicht alles zu versauen?

Ich fühle die Hypnose
Der Rotoren tausendfach
Wiegen mich im Frohsinn
Und dann werd ich wieder wach
Mit schrägem Kopf
Mit dem Kopf schräg durch die Landschaft
Auf Bleifussfahrersitzen
Auf Wegen zu den Shows
Und von ihnen wieder weg
Ich bin achtundzwanzig
Und komm' aus dieser Zeit.

TV25052015

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